Welches Interesse haben die Chinesen an einem niedrigen Goldpreis?

Welches Interesse haben die Chinesen an einem niedrigen Goldpreis?

Mit einem Blick auf den Goldmarkt im Jahr 2013 stellt sich die Frage, wie China über 2000t physisches Gold kaufen konnte, ohne den Goldpreis auf ein neues Rekordhoch zu schicken. Um diese Frage zu beantworten, muss man sich vor Auge führen, dass der Goldmarkt nicht nur von Angebot und Nachfrage bestimmt wird, sondern einen großen psychologischen Aspekt aufweist, der mitunter nicht rational zu erklären ist.

In den USA glauben die meisten Marktteilnehmer, dass der Goldpreis 2014 weiter fallen wird. Die Investoren haben Gold verkauft, um am Aufschwung am Aktienmarkt teilhaben zu können und die Hausse am Aktienmarkt zieht weiteres Kapital an, während die Baisse im Edelmetall Sektor zu weiteren Verkäufen einlädt. Unbeachtet von dieser Entwicklung bei den US und Europäischen Aktienmärkten kaufen die Chinesen weiterhin Gold und könnten ihre Nachfrage sogar noch weiter erhöhen. Der Goldhunger der Emerging Markets, allen voran China und Indien, bleibt bei dieser Prognose bislang weitestgehend außen vor.

Die weltweite Goldproduktion liegt bei etwa 4000t. Eine solch hohe Nachfrage aus China sollte unter den Gesetzen von Angebot und Nachfrage zu einem deutlich steigenden Goldpreis führen. In 2013 passierte dies jedoch nicht!

Eine stichhaltige Erklärung, warum der Preisanstieg ausgefallen ist, kann ich ihnen nicht liefern. Vielleicht aber einen Erklärungsversuch, warum die Chinesen gar nicht böse sind, dass der Preisanstieg (bislang) ausgefallen ist und warum dieser niedrige Goldpreis seitens China durchaus gewünscht ist.

Es gibt zwei elementare Gründe, warum die Chinesen es begrüßen, dass der Goldpreis weiterhin niedrig ist.

  1. Der niedrige Goldpreis befeuert die Privatnachfrage aus China. In der Vergangenheit wurde das Wirtschaftswachstum vor allem durch den Industriesektor und die Bauwirtschaft getrieben, um weiterhin nachhaltig Wachstumsraten von 7% und mehr zu erreichen, ist jetzt der Dienstleistungssektor gefragt. Immer mehr Chinesen haben hohe Einkommen und versuchen einen Teil dieses Einkommens sicher anzulegen. Gold scheint dazu traditionell eine willkommene Alternative. Je niedriger der Goldpreis bleibt, desto größer bleibt die Goldnachfrage.
  2. Der niedrige Goldpreis hat das Angebot von Gold in China vergrößert. Durch den fallenden Goldpreis haben Anleger in den westlichen Industrienationen Gold verkauft bzw. ihre Nachfrage reduziert, so dass ein größeres Volumen in China angeboten werden konnte. Dazu kommt, dass die Nachfrage aus Indien seit August 2013 durch zunehmende Steuern und Zölle auf den Goldimport reduziert wurde, wodurch China Indien als größten Absatzmarkt für Gold abgelöst hat.

Die einfachen Gesetze der Marktwirtschaft besagen, dass der Goldpreis um so stärker steigt, je stärker die Nachfrage auf dem aktuellen Preisniveau über dem Angebot liegt. Wie konnte China nun so viel Gold kaufen, ohne den Marktpreis in astronomische Höhen zu katapultieren? Die Antwort ist wiederum zweiteilig.

Zum einen wurde das Gold außerhalb der offiziellen Goldmärkte gekauft, so dass die Marktpreise zumindest nicht direkt beeinflusst wurden. Zum anderen hielt man sich bei der Nachfrage clever zurück, und hat so gut wie möglich nur das bestehende Angebot gekauft, ohne preistreibende, zusätzliche Nachfrage in den Markt zu stellen. Dies war bei den fallenden Preisnotierungen für Gold relativ einfach möglich.

Aber die Marktteilnehmer aus China haben die Gunst der Stunde nicht nur genutzt, um physisches Gold zu kaufen, sondern hat auch Goldminen und Explorationen gekauft, um dieses Gold zukünftig direkt nach China zu liefern. Viele Goldminen haben darüber hinaus keine Verpflichtung, ihr Gold an Edelmetallbörsen zu liefern, sondern können ihr Gold verkaufen, an wen sie wollen.

Dabei haben die Chinesen auf dem niedrigen Niveau von 2013 längerfristige Hedging-Verträge abgeschlossen, die Ihnen das aktuelle Preisniveau sichern, ohne dass diese Abnahme den Goldpreis an den Märkten nach oben treibt. Dadurch reflektiert der Preis an der Londoner Edelmetallbörse nur noch teilweise die Situation von Angebot und Nachfrage, zumal die USA im Jahre 2013 Gold aus ihren Beständen verkauft haben und den Preis damit unter Druck gesetzt haben.

Die rückläufige Nachfrage aus dem traditionellen "Goldland" Indien und die Verkäufe aus den USA haben den Goldpreis 2013 nach unten bewegt, dabei wurde die zusätzliche Nachfrage aus China weitestgehend ignoriert. Und es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass die Goldkäufe seitens der Chinesen sich auch in 2014 fortsetzen.

Wenn sowohl die US-Banken als auch China ein Interesse an niedrigen Goldpreisen haben, gibt es in diesem Markt dann Preisabsprachen? Es ist offensichtlich, dass die USA kein besonderes Interesse an einem Gold-Standard haben, schließlich würde dieser Gold-Standard den US-Dollar als weltweite Leitwährung gefährden. China versucht, den Yuan als eine weitere Leitwährung zu etablieren und hat ebenfalls ein begrenztes Interesse an einem Gold-Standard. Um dieses Vorhaben jedoch zu bekräftigen und die Währung mit einem "harten Gegenwert" zu unterfüttern, um weltweit Vertrauen in den Yuan zu schaffen, kauft die chinesische Zentralbank weiterhin massiv Gold.

Als exportorientiertes Land hat China jedoch andere Interessen als die USA, welche weiterhin ein hohes Außenhandelsdefizit aufweisen. Die hohen Staatsschulden der USA sind nur halbwegs akzeptabel, weil die Welt den US-Dollar (noch) als Leitwährung akzeptiert. Ein hoher Goldpreis könnte dies gefährden.

Neben der Nachfrageseite lohnt sich ein Blick auf die Angebotsseite. Das Angebot ist seit Jahren auf einem quasi konstanten Niveau, und auch wenn neue Goldminen geplant sind, so können diese bestenfalls die Produktionsrückgänge der alten Minen ausgleichen. Dazu kommt, dass die Förderkosten weiter steigen und oftmals schon jenseits der 1000 USD-Marke liegen. Ein weiterer Preisrückgang würde dazu führen, dass diese Minen unrentabel werden, womit das Angebot nochmals zurückgeht.

Auch wenn die USA und China momentan gemeinschaftlich das Interesse an einem niedrigen Goldpreis haben, so wird diese Konstellation sich ändern, sobald die Chinesen entsprechende Goldreserven aufgebaut haben. Ab diesem Zeitpunkt ist der Weg frei für die nächste Preiswelle nach oben, und auch zusätzliche Verkäufe seitens der US-Notenbank werden diesen Anstieg dann nicht mehr verhindern können.

(Quelle: www.goldseek.com)

Ihr Manuel Giesen