Kolumne von Florian Grummes

pro aurum-Chartanalyse: Gold könnte bis Ende Juni erst einmal steigen

Wie erwartet lief der Goldpreis in den letzten Wochen seitwärts und pendelte mit kleiner werdenden Ausschwüngen um die Marke von 1.300,00US$ bzw. um die 200-Tagelinie (1.299,28US$). Mehrmals versuchten die Bullen einen Ausbruch über 1.305,00 und 1.315,00US$, jedes mal wurden sie aber bereits am folgenden Handelstag wieder zurückgeschlagen. Je länger diese Seitwärtsphase jedoch anhält, umso heftiger wird der Ausbruch in die eine oder andere Richtung erfolgen.

Die Bollinger Bänder (1.281,22US$ und 1.309,09US$) haben sich bereits so eng wie seit 15 Monaten nicht mehr zusammengezogen. Hier baut sich enormer Druck auf. Auch die Tatsache, dass der Goldpreis immer weiter in ein Dreieck hineinläuft, stützt meine These einer sich abzeichnenden massiven Bewegung. Die entscheidende Frage lautet nun nur noch: Bricht Gold nach oben oder unten aus…?

Die bullischen Argumente für höhere Goldkurse

  • Seit Wochen klebt Gold an der mittlerweile flach verlaufenden 200-Tagelinie (1.299,09US$). Generell lässt sich sagen, dass Kurse über der 200- Tagelinie einen Aufwärtstrend definieren, während ein Kursgeschehen darunter als ein Abwärtstrend zu klassifizieren ist. Der Goldpreis lief fast ein Jahr lang klar & deutlich unterhalb dieser Durchschnittslinie. Nun fasst der Markt langsam wieder Vertrauen und es deutet sich die Wende an oben. Denn sobald die 200- Tagelinie nach der Baisse zu steigen beginnt, und der Goldpreis darüber springt, entstünde ein klares Kaufsignal. Ebenso sollte das "Golden Cross" von Mitte März die Notierungen mittelfristig nach oben drücken.
  • Den Bären gelang es zuletzt nicht mehr, Gold weiter nach unten zu drücken. Es blieben höhere Tiefs. Bei den Rücksetzern in Richtung 1.268,40US$ bis 1.279,80US$ bildeten sich jeweils lange Dochte auf dem Candlestick Chart. Das spricht für deutlich erhöhte Kaufbereitschaft in dieser Region.
  • Solange die Marke von 1.262,00US$ (61,8% Retracement von 1.181,40US$ bis 1.392,60US$) nicht unterschritten wird, ist die im Januar gestartete Aufwärtsbewegung trotz mehrmonatiger Seitwärtsphase weiterhin intakt.
  • Die Indikatoren präsentieren sich zwar derzeit weitgehend neutral und ohne Aussagekraft, allerdings haben "MACD" und "RSI" sehr viel Platz nach oben.
  • Die CME Group senkte zuletzt erneut die Gold- und Silber-Margins. Damit wird es Investoren und Spekulanten leichter gemacht in die Metalle über Future Kontrakte zu investieren.
  • Der Central Fund of Canada (der Fond hält über 95% seiner Assets in physischem Gold & Silber) handelt mit einem ordentlichen Abschlag auf den Schmelzwert/Sportpreis seiner Bestände. In den letzten Wochen lag der Abschlag auf den Netasset Value teilweise bei über 5,5%. Wer verkauft sein Gold unter Wert? In der Regel nur emotionale Marktteilnehmer die in Panik und nicht rational handeln.
  • Während die Aktienmärkte seit 4 Monaten stagnieren, hat der CRB Index (Continuous Commodity Index) seit dem Tief Anfang Januar bereits 12,8% zugelegt. Es deutet sich ein ähnlicher Prozess wie 2007/2008 an, als die Inflation aus dem Aktienmarkt in die Rohstoffmärkte überlief. In der zweiten Jahreshälfte dürfte sich dieser Prozess beschleunigen.
  • Der weltweit zweitgrößte Goldimporteur, Indien, bekommt einen Regierungswechsel. Dem zukünftige Premierminister Narendra Modi gelingt ein Erdrutschsieg. Seine Partei BJP gewinnt die absolute Mehrheit. Modi wurde von den indischen Schmuckhändlern und der Bombay Bullion Association massiv unterstützt. Die neue Regierung dürfte daher die Goldimportrestriktionen in den kommenden Monaten lockern. Dies könnte einen erheblichen Anstieg der physischen Goldnachfrage (Schmuck) zur Folge haben, denn Gold ist und bleibt ein extrem wichtiger Teil der indischen Kultur.
  • Signore Draghi dürfte durch den deflationären Druck in der Eurozone gezwungen sein, tatsächlich das Programm für unbegrenzte Anleihekäufe durch die EZB in den kommenden Monaten zu starten. Der Goldmarkt Sollte daraufhin zügig höhere Inflationsraten einpreisen.
  • Auch wenn Gold zuletzt immer weniger auf die Krise in der Ukraine reagiert hat, nehmen die geopolitischen Spannungen weiter zu. Eine Lösung des Konfliktes ist nicht in Sicht. Vielmehr wird Russland aufgrund der absurden US-Sanktionen immer mehr dazu gezwungen, seine Öl und Gas Geschäfte nicht mehr in US-Dollar abzuwickeln. Dass sich China dem anschließen wird, ist abzusehen. Die Verschiebung des Wohlstandes und der Machtachse von West nach Ost schreitet weiter voran.

Ebenso finden sich aber auch zahlreiche Argumente für tiefere Goldkurse

  • Gold muss sich unbedingt oberhalb von 1279,00US$ halten, sonst wäre das Dreieck nach unten aufgelöst. • Unterhalb von 1.275,00US$ bis in den Bereich von 1.255,00US$ dürften sich mittlerweile zahlreiche Stopploss Orders befinden, welche die Banken & spezialisierte Hedgefonds gerne abfischen wollen. Ein Schlusskurs unter 1.275,00US$ dürfte das ganze langsam aber sicher ins Rutschen bringen.
  • Die aktuellen CoT-Daten für Gold sind nicht wirklich günstig, sondern deuten eher noch mehr Korrekturbedarf an.
  • Die saisonale Komponente ist für die nächsten drei Wochen extrem schlecht. Erst ab Mitte/Ende Juni verbessert sich die Saisonalität deutlich.
  • Die Minenaktien sind gestern kurzzeitig bereits unter das März-Tief gerutscht. Bis dato ist keinerlei Stärke zu beobachten.
  • Der US-Dollar scheint sich kurzfristig erholen zu wollen. Ein Sprung über seine 200-Tagelinie dürfte den Goldpreis unter Druck setzen

Insgesamt überwiegen die Argumente für einen Ausbruch nach oben deutlich. Sowohl auf dem Wochen- als auch auf dem Tageschart spitzt sich die Situation zu. Bereits Anfang Juni ist eine Entscheidung zu erwarten. Schon ein Tagesschlusskurs oberhalb von 1.306,00US$ bricht das Dreieck auf. Gleichzeitig gilt es bei Kursen unterhalb von 1.279,00US$ erhöhte Vorsicht und Zurückhaltung mahnen zu lassen.

Die CoT-Daten haben sich zuletzt wieder leicht verschlechtert. Gestern vor einer Woche hielten die kommerziellen Händler genau 102.321 leerverkaufte Kontrakte auf den Goldfuture an der COMEX. Eine antizyklisch günstige Konstellation ist das sicherlich nicht, aber wie zuletzt immer wieder geschrieben, sind die aktuellen Zahlen im langfristigen Vergleich auf niedrigem Niveau.

Die mittel- und langfristigen Stimmungsindikatoren für den Goldpreis bleiben weiterhin neutral. Von Optimismus ist nichts zu sehen. Die als kurzfristig einzustufende Kitco Gold-Umfrage ermittelte am letzten Freitag erneut einen hohen Bärenanteil. Damit liegt der Durchschnitt der letzten 3 Wochen weiterhin bei knapp 50% negativ gestimmter Marktteilnehmer. Daher sollte Gold unterhalb von 1.290,00US$ gut unterstützt bleiben.

Saisonal betrachtet sind die kommenden drei Wochen ziemlich ungünstig, bzw. sogar sehr gefährlich. Kursabschläge bis Mitte Juni sind im statistischen Durchschnitt regelmäßig zu beobachten gewesen. Allerdings fehlt in diesem Jahr der typische Anstieg zwischen Anfang April und Ende Mai. Insofern wäre es auch gut denkbar, dass sich die Saisonalität in diesem Jahr etwas nach hinten verschiebt und Gold bis Ende Juni erst einmal steigen kann bevor dann im Juli eine vierwöchige Korrektur den Sommerboden bereitet.