Graphit: Das Blei im Bleistift, das gar kein Blei ist
Die meisten von uns haben Graphit schon einmal in den Händen gehalten, ummantelt von Holz. Der Bleistift ist wohl der bekannteste Einsatz des Minerals, das man ursprünglich gar nicht für eine Form des Kohlenstoffes gehalten hatte, sondern für Blei. Erst im 18. Jahrhundert wurde der Irrtum durch einen schwedischen Wissenschaftler aufgedeckt.
Heute ist Graphit, dessen Name sich aus seiner Eigenschaft als Schreibmittel ableitet, aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Das Mineral ist eine natürlich vorkommende Form des chemischen Elements Kohlenstoff, andere kristalline Formen sind zum Beispiel Diamanten oder sogenannte Nanotubes. Zudem kann man Graphit künstlich herstellen, indem kohlenstoffhaltige Bodenschätze wie zum Beispiel Steinkohle weiterverarbeitet werden. Zu den wichtigen Anbietern zählt hier zum Beispiel die MDAX-notierte Unternehmensgruppe SGL Carbon aus Wiesbaden.
Die Bedeutung des Kohlenstoffs für die Wirtschaft basiert dabei auf seiner Fähigkeit, Verbindungen mit sich und anderen chemischen Elementen einzugehen. Wirtschaftlich wichtige Eigenschaften von Graphit sind eine hohe thermische und elektrische Leitfähigkeit, eine sehr gute Schmierwirkung insbesondere bei hohen Temperaturen und großen Drücken sowie eine große Robustheit, zum Beispiel was Oxidation oder Temperatureinflüsse angeht.
China bei Förderung und Reserven klar führend…
Ein Blick auf die Förderung von Graphit zeigt, dass weltweit hier China mit einem weiten Abstand die führende Rolle einnimmt. Zahlen des U.S. Geological Survey zufolge stammen rund 68 Prozent der weltweiten Förderung aus dem Land. Gegenüber 2011 ist die Graphitproduktion in China übrigens den Zahlen des U.S. Geological Survey zufolge um mehr als 6 Prozent gefallen. Der Hintergrund ist, dass die Regierung des Landes einige staatlich kontrollierte Minen dicht gemacht hat. Die Gründe dafür sind unter anderem in der Schonung der Ressourcen zu suchen. Größte Teile der weltweit bekannten Graphitressourcen lagern ebenfalls in China, auf Platz zwei der Weltrangliste steht Indien.
… aber die Weiterverarbeitung erfolgt international
Anders als bei den Seltenen Erden, um die es harte Verteilungskämpfe gibt, findet die Verarbeitung der chinesischen Graphitförderung aber vor allem international statt. So ist die USA zum Beispiel, außerhalb der Gewinnung von Graphit aus Recyclingprozessen, komplett auf Importe des Bodenschatzes angewiesen, rund die Hälfte der Importe kommen aus China.
Auf den Rängen der Förderländer kommen Indien und Brasilien, von wo knapp 14 Prozent und knapp 7 Prozent der weltweiten Förderung des Kohlenstoffminerals kommen. Der Rest verteilt sich auf eine Vielzahl von Ländern, unter anderem Kanada und Nordkorea, Russland und die Türkei.
Im oberen Teil unserer Basisinformationen zu Graphit haben wir bereits auf die sehr wichtigen Eigenschaften des Materials aufmerksam gemacht, die es wirtschaftlich bedeutend machen. Kohlenstoff, nichts anderes ist Graphit, weist ein breites Einsatzspektrum auf, hat aber in der Atomindustrie in den vergangenen Jahren nach den Unfällen von Sellafield und insbesondere Tschernobyl an Bedeutung deutlich verloren.
In anderen Bereiche dagegen steigt die Bedeutung des Graphits bzw. von Kohlenstoffverbundprodukten wie dem Carbon, sprich Kunststoffen, die mit Kohlenstofffasern verstärkt werden, an. Eine wesentliche Rolle beim Einsatz solcher Materialien spielt die Mobilitätsindustrie, insbesondere der Automobilbau. Es ist eine Branche, die trotz der schwachen europäischen Märkte des Jahres 2013 langfristig vom Wachstum geprägt sein wird, allen voran auf den asiatischen Märkten.
Längst werden Graphit und Carbon im Automobilbau eingesetzt, sei es bei Bremsen oder bei verschiedenen anderen Autoteilen. Die Rolle des Werkstoffes wird wachsen, denn Autos sollen an Gewicht verlieren, um Sprit zu sparen und Schadstoffemissionen zu senken. Hier spielen die kohlenstoffverstärkten Kunststoffe eine wesentliche Rolle, um diese Ziele zu erreichen. Das gilt ebenso für die Flugzeugindustrie, Asien wird hier ebenfalls die Wachstumsimpulse setzen. Rekordauftragszahlen bei Airbus zeigen, wohin die Reise für die Flugzeugbauer und damit die Nachfrage nach den kohlenstoffverstärkten Kunststoffen gehen wird.
Längst hat dies strategische Investoren aus der Autobranche angezogen, wie das Beispiel SGL Carbon zeigt. Die Unternehmensgruppe aus Wiesbaden gehört zu den weltweit wichtigsten Anbietern auf dem Markt. Ein Blick in die Aktionärsstruktur der Gesellschaft zeigt, wie wichtig dem Automobilbau die Kohlenstoffe mittlerweile sind. Mit BMW, die mit 15,72 Prozent an SGL beteiligt sind, sowie Volkswagen, die 8,18 Prozent der SGL-Aktien halten, sind zwei weltweit führende Autobauer Großaktionäre des MDAX-notierten Unternehmens. Beide Gesellschaften haben sich 2011 in die Wiesbadener eingekauft. Über die SKion GmbH, die 26,87 Prozent der SGL-Anteile hält, ist die Verbindung zu BMW noch stärker. SKion gehört der Quandt-Erbin Susanne Klatten, die ihrerseits mit 12,6 Prozent an dem Münchener Fahrzeugbauer beteiligt ist.
Doch die Möglichkeiten des Graphits gehen weiter, denn der Rohstoff kommt unter anderem bei neuartigen Brennstoffzellen oder Batterien zum Einsatz. Zwar ist dieser Einsatzbereich zum Teil der Autoindustrie zuzurechnen, doch mit der Nutzung zum Beispiel in Handys oder Laptops und anderen mobilen Endgeräten erschließt sich der riesige Markt der Konsumentenelektronik.
Der Ausflug in die Hightechwelt des Kohlenstoffs geht noch weiter. 2010 ist der Begriff "Graphen" erstmals in die breite Öffentlichkeit gelangt. Der Hintergrund ist der Physik-Nobelpreis, der in jenem Jahr an Andre Geim und Konstantin Novoselov für ihre Graphen-Forschungen gegangen ist. Das Material hat herausragende Eigenschaften, die eine technische Revolution in vielen Bereichen auslösen kann, unter anderem in der Herstellung von Computerchips mit vielfachen Taktraten heutiger siliziumbasierter Chips.