Vanadium und der Autopionier Henry Ford

Es steckt als Spurenelement in jedem von uns und in vielen anderen Lebewesen, es ist alles andere als selten auf der Erde zu finden und es ist doch relativ wenig bekannt. Die Rede ist von Vanadium. Das Übergangsmetall hat eine vergleichsweise geringe jährliche Produktion in der Bergbaubranche. Statistiken des U.S. Geological Survey zufolge wurden im Jahr 2012 nur rund 63.000 Tonnen des Materials produziert. Und dennoch nimmt es eine wichtige Rolle ein, sowohl in der Biologie als auch in der Wirtschaft.

An dieser Stelle wollen wir uns allerdings auf den Rohstoff als Wirtschaftsgut konzentrieren. Obwohl Vanadium alles andere als selten auf der Erde vorkommt und große Ressourcen vorhanden sind, ist die Jahresproduktion eher klein. Das hat mit verschiedenen Besonderheiten des Elements zu tun, das sich bei Bergbauprojekten höchst selten als Hauptprodukt hervor tut. Meist wird es im Rahmen anderer Förderschwerpunkte als Beiprodukt gewonnen.

Der Großteil der Jahresproduktion konzentriert sich zurzeit auf drei Länder. China und Südafrika fördern jeweils etwas mehr als ein Drittel des Jahresvolumens. Aus Russland kommt rund ein Viertel der Förderung, das Restvolumen verteilt sich weltweit. Neben der Förderung als Rohstoff hat auch das Recycling des Metalls sein Gewicht bei der Befriedigung der Vanadium-Nachfrage.

Doch die Weltmarktanteile könnten sich verschieben. Zum einen wird Vanadium immer interessanter und Experten sagen der Nachfrage einen langfristigen Wachstumstrend bevor. 2012 haben Konsum und Produktion des Metalls neue Rekorde erreicht. Das lockt die Branche: Die Suche nach interessanten Vorkommen läuft weltweit, neue Bergwerke zur Förderung von Vanadium werden in Betrieb genommen. China baut seine Vanadiumkapazitäten deutlich aus und hat von Südafrika die Rolle des Weltmarktführers übernommen. Neue Projekte, unter anderem in Australien und Brasilien, sollen 2013 und 2014 starten.

Zudem steht eine mögliche Zäsur in der Vanadium-Branche Südafrikas an. Nach den heftigen Streiks im Bergwerkssektor des Landes verabschiedet sich 2013 ein großer Player aus dem Land: Der milliardenschwere russische Stahlkonzern EVRAZ will seinen Mehrheitsanteil an EVRAZ Highveld Steel and Vanadium Limited an das BEE-Konsortium Nemascore Ltd verkaufen. Von den Arbeitskämpfen in dem Land haben die Russen erst einmal genug.

Es bleibt also abzuwarten, welche Bedeutung Südafrika in den nächsten Jahren bei der Förderung von Vanadium haben wird. In der Praxis spielt bei der Produktion des Materials hochreines Vanadium nur eine geringere Rolle, unter anderem aufgrund der Schwierigkeiten, das Metall in Reinstform zu bringen. Größte Teile des Vanadiums werden als Ferrovanadium hergestellt, das einen geringeren Reinheitsgrad aufweist. Ausgangsmaterialien für die Vanadiumproduktion sind in der Regel Erze, bei denen Vanadium selbst nur in geringerer Konzentration vorhanden ist. Ein bedeutendes Erz zur Vanadiumgewinnung ist das sogenannte Carnotit, das vor allem aus Uran besteht. Andere, weniger wichtige Erze wie zum Beispiel Vanadinit haben eine geringere Relevanz für die Gewinnung des Rohstoffes.

Während sich die Weltmarktanteile in der Vanadium-Förderung in der kommenden Zeit vor allem aufgrund der Ereignisse in China und Südafrika verschieben können, sind sich die Experten bei der Nachfrage über den Trend einig. Diese wird steigen, und das liegt vor allem an der Stahlbranche.

Während das Vanadium Anfang des 19. Jahrhunderts erstmals auftauchte, brauchte es rund ein Jahrhundert, bis es in der Wirtschaft tatsächlich angekommen war. Der Autoproduktionspionier Henry Ford war es, der mit Vanadium veredelten Stahl beim Bau von Kraftwagen eingesetzt hat. Das war für das Übergangsmetall der Durchbruch, seitdem ist die Förderung des Elements in der Bergbaubranche drastisch gestiegen.

Noch heute ist Vanadium aus der Wirtschaft nicht wegzudenken. Reines Vanadium spielt dabei eine völlig untergeordnete Rolle, es wird nur sehr eingeschränkt genutzt. In der heutigen Industrie macht das sogenannte Ferrovanadium den bei weitem überwiegenden Anteil des Vanadiumbedarfs aus. Ferrovanadium ist ein Rohstoff, der zur Veredelung von Stahl genutzt wird. Es verleiht dem Stahl unter anderem größere Festigkeit und wirkt sich sehr positiv auf den Verschleiß aus.

Das Vanadiumcarbid, was diese Effekte verursacht, kommt im Stahl je nach Einsatzbereich in unterschiedlicher Konzentration vor. Im Stahl, der für den Bau und für Werkzeuge genutzt wird, ist das äußerst stabile Carbid nur in geringer Konzentration vorhanden. Anders sieht es beim sogenannten Schnellarbeitsstahl aus, einem speziellen Werkzeugstahl, dessen Kürzel HSS Bekanntheit genießt. In der Hand hatten viele Heimwerker diesen Werkstoff wahrscheinlich schon einmal, der unter anderem als Bohraufsatz für Spiralbohrer genutzt wird.

Doch auch beim Bau von Infrastruktur wie zum Beispiel Brücken, Pipelines und ähnlichem kommen Stähle mit Vanadium als Legierungsmetall zum Einsatz. In Legierungen mit anderen Metallen spielt der Rohstoff zudem eine Rolle beim Bau unter anderem von Flugzeugen, hier vor allem bei stark beanspruchten Teilen.

Eins haben viele der genannten und nicht genannten Einsatzbereiche des Vanadiums gemeinsam: Sie wachsen stark. In den kommenden Jahren soll der jährliche Verbrauch des Metalls pro Jahr im Schnitt um einen mittleren einstelligen Prozentsatz wachsen – Überraschungen sind dabei nicht ausgeschlossen. Das liegt vor allem an China, wo neue behördliche Bestimmungen zum Einsatz von Baustoffen den Einsatz von Betonstahl mit niedrigeren Härtegraden limitieren. Das könnte die Nachfrage nach Vanadium-Legierungen im Stahlsektor weiter anfachen.

Doch auch ohne diesen zusätzlichen "Push" steht der Stahlbranche, da sind sich Marktbeobachter einig, eine lange Periode steigender Nachfrage bei veredelten Produkten bevor. Der Nachholbedarf in Ländern unter anderem der BRIC-Gruppe beim Infrastrukturbau ist und bleibt hier einer der Hauptfaktoren. Davon wird auch Vanadium als wichtige Beimischung des Stahls profitieren.