Kolumne von Dirk Masuch

Goldcorp findet eine kreative Lösung für das Wasserproblem der Penasquito-Mine

Dieses Problem ist in Deutschland möglicherweise unter dem Radar durchgeflogen, auch wenn es in Mexiko schon Anfang 2012 in den Nachrichten auftauchte und spätestens seit dem Sommer 2012 Allgemeinwissen unter den hiesigen Minenbetreibern war. Gemessen an Golcorp’s Größe bin ich nicht sicher, inwieweit der durch den Wassermangel bedingte Produktionsverlust in Peñasquito sich in der Firmenbilanz niederschlägt. Aber immerhin habe ich in diesen Tagen bereits den zweiten Anruf kanadischer bzw. amerikanischer Pensionsfondmanager in zwei Monaten erhalten, die genau wissen wollten, was die Ursache des Problems ist und ob es eine kurzfristige Lösung gibt.

Zunächst vielleicht ein paar Zahlen zum Wasserverbrauch einer typischen Kupfermine, nach einem Vortrag von Andrew Robertson von Robertson Geoconsultants Inc., gehalten auf der Tagung "Mine Water Solutions in Extreme Environments" im April 2013 in Lima. Wenn wir die Zahlen auf Peñasquito übertragen, kann man in trockenen Klimaregionen mit einem Wasserverbrauch von 600 Litern pro Tonne (0.6 m3) prozessiertem Gestein rechnen. Den pro-Kopf-Verbrauch eines Stadtbewohners gibt Robertson mit etwa 300 Litern pro Tag an, sodaß ein Wasserverbrauch von 600 l/t bei 100000 Tonnen prozessiertem Gestein pro Tag etwa dem Bedarf einer Stadt von 200000 Einwohnern entspricht. Was genau ist nun das Problem in Peñasquito? In einem Wort: die klassische Überbeanspruchung des Grundwasserleiters im Einzugsgebiet der Mine. Man entnimmt mehr Grundwasser als durch die natürliche Wiederergänzung in den Grundwasserleiter einfließt. In der Folge senkt sich der Grundwasserspiegel ab, was in diesem Fall direkte Auswirkungen auf die Menge des prozessierten Gesteins und damit auf die Produktion von Gold und Silber hat. Das Problem manifestierte sich sehr schnell, die Peñasquito-Mine ist erst seit 2010 in Produktion.

Mir ist nicht so ganz klar, wie das passieren konnte. Natürlich gehören hydrogeologische Gutachten zum Untersuchungsprogramm der Feasability-Studie. Die wurden in 2006 und 2007 auch explizit für die künftige Peñasquito-Mine durchgeführt. Die Gutachten sind im Bericht der Wasserbilanz des Consejo Nacional de Agua, Mexiko’s Bundesamt für Wasser, für den Cedros-Grundwasserleiter unterhalb der Peñasquito-Mine, im Literarturverzeichnis genannt. Leider habe ich die Gutachten selber nirgendwo gefunden, wahrscheinlich sind sie nicht öffentlich verfügbar.

Dabei genügt eigentlich schon ein Blick auf die geologische Karte des Concepción del Oro-Bergbaudistriktes, um zu vermuten, daß die benötigten Wassermengen wahrscheinlich nicht vorhanden sind bzw. in trockenen Jahren sicherlich nicht zur Verfügung stehen. Die Peñasquito-Mine liegt in einem Teileinzugsgebiet, das bis zum Tagebau nur etwa 200 km2 groß ist. Die mittlere Jahresniederschlagsmenge beträgt hier nur etwa 420 mm und geht in extrem trockenen Jahren bis auf nur etwa 150 mm herunter. Die beiden letzten Jahre waren nun unglücklicherweise tatsächlich solche Trockenjahre.

Goldcorp ging das Problem mit kreativem out-of-the-box-Denken an. Wenn die regionalen natürlichen Bedingungen das benötigte Wasser nicht hergeben, warum holen wir es dann nicht von woanders her? Dieser Trend kommt übrigens immer mehr in Mode. Im nächsten Jahr sollen die Arbeiten zu einem 400 km langen Aquädukt beginnen, der 6000 Liter Wasser pro Sekunde aus dem Panuco-Fluß entnimmt und nach Monterrey bringt, wo es dringend gebraucht wird. Die Trasse verläuft ganz in der Nähe meines Wohnortes.

Ende letzten Jahres unterzeichnete Goldcorp eine Absichtserklärung mit der Stadt Saltillo, die etwa 160 km nördlich von Peñasquito liegt. Die Absichtserklärung sieht vor, daß die Stadt Saltillo künftig ein Volumen von 700 Litern Wasser pro Sekunde aus den städtischen Kläranlagen in Ramos Arizpe an die Peñasquito-Mine verkauft. Goldcorp kommt dabei der Bau des Aquäduktes sowie der Betrieb und die Unterhaltung zu.

Eine kurze Rechnung zeigt die Entlastung für den Grundwasserleiter unterhalb der Mine auf. Zwar habe ich auf Goldcorp’s Webseite keine Angabe zum Wasserverbrauch in Peñasquito gefunden. Die Zeitung El Diario de Coahuila gab in ihrer Ausgabe vom 5.11.2012 ein Volumen von 85000 m3 pro Tag an. Ich habe diese Zahl nicht verifizieren können, aber sie klingt sehr realistisch.

Goldcorp gibt eine Prozessierungskapazität von 130000 t Gestein pro Tag an. Die wahre Leistung betrug in 2012 allerdings nur 116000 Tonnen. Die Anlage wurde also, vermutlich aufgrund des Wassermangels, nicht ausgelastet. Ein Volumen von 85000 m3 Wasser bei einer Leistung von 116000 Tonnen pro Tag entspricht einem Verbrauch von 734 Litern pro Tonne, was die oben genannte typische Zahl von etwa 600 Litern deutlich überschreitet. Um bei der Analogie zum städtischen Wasserbedarf zu bleiben: die Peñasquito-Mine verbraucht damit die Wassermenge einer Stadt von etwa 320000 Einwohnern.

Der geplante Aquädukt würde den Streß auf den Grundwasserleiter deutlich verringern. Die 700 Liter pro Sekunde reichen aus, um etwa 82000 Tonnen Gestein der Kapazität von 130000 Tonnen täglich zu prozessieren. Dies wäre genug, um die Gold- und Silberproduktion in Peñasquito auf das ursprüngliche Produktionsziel zu bringen. Leider habe ich keine Information über den aktuellen Stand der Vereinbarung zwischen Goldcorp und der Stadt Saltillo gefunden. Für Investoren in Goldcorp zeichnet sich allerdings die Lösung des wasserbedingten Produktionsproblems der Peñasquito-Mine ab. Allerdings müssen dafür zunächst nicht vorgesehene (oder doch? Das wäre dann eine ziemliche Unehrlichkeit der Firma gegenüber ihren Aktionären) hohe Investitionen geleistet werden.

Dirk Masuch Oesterreich