Goldrausch – Gefangene der eigenen Gier

In meinem letzten Artikel habe ich Ihnen von dem sagenumwobenen Goldland "El Dorado" berichtet. Auch in der jüngeren Vergangenheit gab es einige sensationelle Goldfunde, aber auch Misserfolge, die den Mythos und das Phänomen Gold weiter geprägt haben.

Der vielleicht bekannteste und dramatischste Fall ist mit der Firma Bre-X verbunden. Im Frühjahr 1993 suchte die kanadische Firma BRE-X nach einem interessanten Explorationsprojekt. Schließlich stieß man auf das Busan Projekt auf Borneo, wobei in der Region einheimische Goldsucher schon kleinere Mengen an Gold aus den Flüssen gewaschen hatten und wo aufgrund von früheren geologischen Untersuchungen aus dem Jahre 1986 ein kleineres Gangsystem mit Goldanomalien vermutet wurde, welche auf eine potenzielle Resource von 1 Mio Unzen Gold hindeuteten. Im Sommer 1993 sammelt BRE-X im Rahmen einer Kapitalerhöhung zu ca. 0,45 CAD Geld ein, um ein erstes Bohrprogramm auf Busan zu finanzieren. Während die ersten beiden Bohrungen keine nennenswerten Goldgehalte aufwiesen, wurde in einer dritten Bohrung drei Gold haltige Zonen mit einer Mächtigkeit von bis ca. 40m. Diese ersten Ergebnisse machten auch Branchengrößen wie Barick Gold, Newmont Mining, Teck Resources oder Placer Dome neugierig, die aber zunächst von den Ergebnissen nicht beeindruckt waren. Lediglich der Leiter des Explorations-Bereiches bei Barrick Gold, ein gewisser Paul Kavanagh, zeigt Interesse an dem Projekt. Überraschenderweise verließ Paul Kavanagh Barrick Gold, um einen Vorstandsposten bei BRE-X zu übernehmen. Weitere sehr ermutigende Bohrresultate von Anfang 1994 durchgeführten Bohrungen auf Busang schienen diese Entscheidung zunächst zu bestätigen. Diese positiven Bohrergebnisse wurden von ersten Analysten-Kommentaren begleitet, die es möglich BRE-X möglich machten, am Kapitalmarkt weiteres Geld aufzunehmen. Bis Ende 1994 hatte der Aktienkurs von BRE-X sich auf knapp 3 CAD mehr als verfünffacht. Doch dies sollte erst der Anfang sein.

Im Februar 1995 folgte die erste unabhängige Ressourcenberechnung, die eine Resource von: mindestens 10 Millionen Tonnen Erz, mit einem Goldgehalt knapp 3 g/t, also tatsächlich etwa 1 Million Unzen Gold, auswies. Fast zeitgleich wurde die Entdeckung der sogenannten "Südost-Zone" (oder Busang II) bekannt gegeben, welche sich über eine Länge von mehr als fünf Kilometer erstreckt und auch in Luftbildern deutlich erkennbar war. Erneut wurden in Bohrungen entsprechende Goldgehalte nachgewiesen, was das Interesse von Teck Resources wiedererweckte. Als Teck Resources vor dem Einstieg in ein Joint-Venture jedoch eigene Probebohrungen auf Busan durchführen wollte, so lehnte dies das BRE-X Management überraschenderweise ab. Im Oktober 1995 veröffentlichte BRE-X unter Beauftragung der allgemein anerkannten Consulting-Firma Kilborn Engeneering eine neue Resourcenberechnung für Busan, welche jedoch die Ergebnisse der Südost-Zone noch nicht mit einschloss. Interne Schätzungen der BRE-X Geologen deuteten jedoch noch auf vielfach höhere Goldgehalte hin, so dass die BRE-X ihren Höhenflug fortsetzte und im November 1995 ein weiteres Zwischenhoch bei 59 CAD markierte, sich von ihrem Ausgangswert innerhalb von ca. 30 Monaten also verhundertfacht hatte.

Die ersten Berechnungen zur Südostzone wurden dann im Februar 1996 veröffentlicht, wobei 3,6 Mio Unzen der Kategorien "gemessen" und "angezeigt" (measured and indicated), sowie 9,4 Mio Unzen an vermuteten Resourcen. Bis Ende Februar stieg die Aktie auf über 100 CAD. Am 23. April 1996 wurde BRE-X in die Toronto Stock Exchange aufgenommen, um bald darauf im TSE 300 Index als eines der dreihundert wertvollsten Unternehmen aufgenommen zu werden. Im Mai 1996 erreichte die Aktie schließlich ihren Rekordwert von 286,5 CAD, wobei dieser Kurs auch bei Einhaltung der optimistischen Prognosen schon als extrem ambitioniert anzusehen war. Der Börsenwert von BRE-X war auf über 6 Mrd. CAD gestiegen und es gab ernsthafte Überlegungen, BRE-X in den DOW Jones Index aufzunehmen.

Am 20. Juli 1996 lief Bre-Xs amtliche Erlaubnis für Probebohrungen in Busang II ab. Dem Antrag auf Verlängerung der Erlaubnis wurde zunächst stattgegeben, am 15. August wurde sie jedoch wieder zurückgezogen. Als Reaktion auf diese Rechtunsicherheit begann der BRE-X Kurs zu fallen. Trotz der unsicheren Rechtsposition setzte BRE-X die Exploration auf Busan fort, wohl auch, um dem fallenden Börsenkurs entgegen zu wirken. Im Herbst 1996 gab BRE-X bekannt, einen Partner für die Entwicklung von Busan zu suchen, wobei die Wahl letztendlich auch Barrick Gold fiel. Im November gab BRE-X eine neue Resourcen-Berechnung heraus, die für das Busan-Projekt eine Gesamtresource von 60 Mio Unzen auswies. Zwischenzeitlich galt das Busang Projekt von BRE-X als die größte, noch nicht entwickelte Goldliegenschaft der Welt. Hatte man am Ende doch das goldene Lang "El Dorado" entdeckt?

Am 26. November verkündete Bre-X ein Joint Venture mit Barrick Gold im Verhältnis 25% zu 75% einzugehen. Die indonesische Regierung erwog auch eine Versteigerung von Bre-X, mit der Begründung, dass Bre-X keine gültige Explorations-Erlaubnis besaß und Busang somit immer noch dem "indonesischen Volk" gehöre. Als Gegenreaktion veröffentlichte BRE-X zum Jahresbeginn 1997 Ergebnisse von zwölf weiteren Bohrungen mit hochgradigem Erz, teilweise über Intervalle von Hunderten von Metern. Am 17. Januar bot Placer Dome eine Fusion mit Bre-X an, wobei die indonesische Regierung eine einheimische Beteiligung von 40 % an dem Unternehmen erhalten sollte, um dieses Geschäft zu unterstützen. Schließlich unterzeichnete BRE-X im Februar 1997 ein Abkommen mit Freeport-McMoRan und Freeport-McMoRan begann mit der endgültigen Bewertung des Projekts. Dabei stand es mit Freeport McMoRan erstmals einem anderen Unternehmen frei, eigene Bohrungen und Analysen auf Busang durchzuführen. Auf der jährlich im März stattfindenen Rohstoffkonferenz PDAC (Prospectors and Developers Association of Canada) in Toronto erhielt ein Manager von BRE-X die Auszeichnung als "Prospektor des Jahres". Doch quasi zeitgleich informierte Freeport McMoRan, dass es auf Busang Probleme mit den ersten Kontrollbohrungen gäbe. Das BRE-X Management schickte den leitenden Geologen Michael de Guzman nach Indonesien, um den Sachverhalt aufzuklären. Etwa eine Woche später verschwand de Guzman, tags darauf veröffentlichte BRE-X einen Abschiedsbrief von de Guzman, in dem er mitteilte, er habe aufgrund einer diagnostizierten Hepatitis-B-Erkrankung mit dem Leben abgeschlossen. Vier Tage später wurde im Dschungel eine bereits stark verweste und von Tieren angefressene Leiche gefunden, die von einem Bre-X-Mitarbeiter als die Leiche von de Guzman identifiziert wurde. Aufgrund der Probleme auf Busang begann ein extreme Verkaufswelle von BRE-X Aktien, verbunden mit einem starken Kurseinbruch. Es gab zahlreiche Gerüchte, u.a. auch, dass Freeport versuchen würde, durch die Gerüchte den Preis von BRE-X zu senken.

Ende März 1997 veröffentlichte Freeport-McMoRan erste Analyseergebnisse von den eigenen Probebohrungen auf Busang, welche jedoch nur "unbedeutende Goldgehalte" enthielten. Diese Nachricht warf nun ein ganz neues Licht auf de Guzmans mutmaßlichen Selbstmord. Als am nächsten Tag der Aktienhandel wieder einsetzte, fielen die Bre-X-Aktien innerhalb einer halben Stunde von 13 Dollar auf 2 Dollar und 50 Cent. Am 11. April veröffentlichte The Northern Miner, Kanadas wichtigste Bergbau-Zeitung, ein Video, das ein komplettes metallurgisches Labor auf dem Busanggelände von BRE-X zeigte, was ausgesprochen unüblich für ein Explorations-Camp ist. Wie sich im Nachhinein herausstellte, arbeitete dort bereits seit der Frühphase des Projekts ein Mitarbeiter von BRE-X die Gesteinsproben auf, bevor er sie an unabhängige Labore verschickte.

Am 4. Mai räumte Bre-Xs eigener Consultant ein, dass bereits die Proben aus den allerersten Bohrungen in der Zentral-Zone mit Goldstaub oder Goldkonzentraten manipuliert worden waren. Die Konsistenz der gefälschten Proben ergab sich daraus, dass keine ganzen Bohrkerne an andere Labore verschickt wurden, sondern stets nur bereits zerkleinerte Proben. Auffällig war auch, dass die Goldkörnchen eher eine abgerundete Form aufwiesen, wie man sie in Flüssen durch Goldwäsche gewinnt, wobei für eine vulkanische Lagerstätte wie Busang eher splitterförmige Goldpartikel typisch gewesen wären.

Der Handel mit Bre-X-Aktien bei der Toronto Stock Exchange und im NASDAQ wurde am 5. Mai eingestellt, und am folgenden Tag fiel der Kurs auf drei Cent und die Firma BRE-X meldete Insolvenz an. Der Bre-X-Skandal brachte die gesamte Rohstoff-Branche in Bedrängnis. Auf Jahre hinaus wurde es für kleine und mittlere Explorations- und Bergbaugesellschaften sehr schwierig, sich am Kapitalmarkt mit frischen Mitteln zu versorgen. Als Konsequenz aus dem BRE-X Skandal folgte der unabhängige kanadischen NI 43-101 Standard, der eine unabhängige und gesicherte Basis für Rohstoff-Proben darstellt. Eine derart drastische, hochgradig kriminelle und umfangreiche Fälschung von Bohrproben ist erschreckend. Sie zeigt aber auch, wozu der Mensch, getrieben von der Gier nach Gold, fähig sein kann.

Ihr Manuel Giesen