Kohle – Veredelung, Vergasung, Verflüssigung

Gestern hatte ich Sie informiert, wie Kohle entsteht und welche Arten von Kohle es gibt. Natürlich kennen Sie neben Kohle auch weitere fossile Brennstoffe wie Erdöl und Erdgas, wobei ich über die schmerzhafte Preisentwicklung beim Erdöl nichts mehr schreiben muss. Erstaunlicherweise hat sich der Erdgaspreis vom Erdölpreis inzwischen abgekoppelt und das niedrigste Preisniveau seit 2002 erreicht. Es gibt also, neben den alternativen Energien, weitere Alternativen zum teuren Erdöl. Welche Möglichkeiten hierzu die Kohle liefert, möchte ich Ihnen im Folgenden vorstellen.

Den Umwandlungsprozess von (Stein-)Kohle zu Koks bezeichnet man als Verkokung. Dabei verflüchtigen sich bei der Verkokung die flüchtigen Bestandteile sowie der Schwefel aus der Kohle, indem die Kohle unter Luftausschluss auf mehr als 1000°C erhitzt wird und danach gelöscht wird. Koks wird sowohl als Brennstoff als auch als Reduktionsmittel bei der Stahlerzeugung verwandt, da Steinkohle aufgrund der Verunreinigungen für die Stahlerzeugung ungeeignet ist.

Eine weitere Verarbeitungsmöglichkeit von Kohle ist die Kohlevergasung. Dabei wird Kohle in einem ersten Prozessschritt unter Sauerstoffmangel zu Kohlenstoffmonoxid verbrannt. Aus dem Kohlenstoffmonoxid wird in einem zweiten Prozessschritt unter Zugabe von Wasser Kohlenstoffdioxid und Wasserstoff und aus dem Kohlenstoffmonoxid unter Zugabe von Wasserstoff zu Methan und Wasser weiterverarbeitet.

Als Kohleverflüssigung (Coal-to-Liquid) oder CTL-Verfahren bezeichnet mein ein Verfahren, bei dem aus Kohle flüssige Kohlenwasserstoffe erzeugt werden. Im Jahre 1925 meldeten die deutschen Wissenschaftler Franz Fischer und Hans Tropsch ein Verfahren zur indirekten Verflüssigung von Kohlenstoff zum Patent an. Besondere Bedeutung gewann das Verfahren in den Zeiten des Nationalsozialismus, um synthetisches Benzin herzustellen. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Kohleverflüssigung aufgrund der mangelnden Wirtschaftlichkeit bei den damals niedrigen Erdölpreisen wieder aufgegeben. Nach den jüngsten Preisanstiegen beim Erdöl und im Bewusstsein, dass die Erdölvorkommen endlich sind. Derzeit sind weltweit ca. 25 Anlagen zur Kohleverflüssigung in Planung bzw. schon im Betrieb, wovon 13 Anlagen auf die USA und 7 weitere Anlagen auf China entfallen. Aktuell arbeiten schon drei Anlagen bei der Firma Sasol in Südafrika nach dem Fischer-Tropsch-Verfahren, die mit einer Produktion von ca. 150.000 Barrel Öl pro Tag zu Kosten von ca. 25 USD/Barrel sehr wirtschaftlich ca. ein Drittel des südafrikanischen Kraftstoffverbrauchs decken. Entscheidend für den Erfolg bzw. für die Kosten von Kohleverflüssigungsanlagen ist die Verarbeitung der Kohle in unmittelbarer Nähe zur Lagerstätte, d.h. ohne entsprechend aufwendigen (und teuren) Transport.

Neben den wirtschaftlichen Überlegungen stehen bei der Kohleverflüssigung also auch strategische Interessen im Mittelpunkt der Umsetzungsüberlegungen. Gerade in Staaten, die über keine signifikanten Erdöl- oder Erdgasvorkommen verfügen, scheint die Kohleverflüssigung eine Option, um die Abhängigkeit von Exporten zu verringern und die Mobilität (zumindest bis sich die Elektromobilität flächendeckend durchgesetzt hat) zu sichern.

Ihr Manuel Giesen