Kolumne von Markus Linnepe

Iron Ore Company of Canada (IOC) – Die Mutter aller kanadischen Eisenerzunternehmen

Die nicht-börsengelistete Iron Ore Company of Canada (IOC) ist Kanadas größter Eisenerzproduzent und ein weltweit führender Anbieter von Eisenerzpellets und -konzentraten. Der Mehrheitseigner mit einem Anteil von 58,72% ist seit der AUD$ 3,5 Mrd. schweren Übernahme von North Ltd. aus dem Jahr 2000 der Bergbaugigant Rio Tinto, der nach Vale weltweit der zweitgrößte Eisenerzförderer ist. Die beiden anderen Eigner sind Mitsubishi Corp. (26,18%; 1992 von M.A. Hanna erworben) und Labrador Iron Ore Royalty Income Corp. (15,10%; 1995 von Norcen Energy Res. erworben), letztere besitzt zudem eine 7%ige vorrangige Bruttoumsatz-Royalty ("gross overriding royalty") sowie eine Provision (10 Cent pro Tonne) auf alle produzierten, verkauften und verschifften Eisenerzprodukte. Jede Eigentümerpartei hat jeweils ein Vorkaufsrecht, sollte ein anderer seinen Anteil (teil-)verkaufen wollen. 2001 versuchte Rio Tinto vergeblich, Labrador Iron Ore Royalty Income zu erwerben.

Da die IOC historisch betrachtet als die Muttergesellschaft aller kanadischen Eisenerzfirmen gilt, ist es angemessen und hilfreich, die Vergangenheit dieser kurz zu beleuchten. 1936 erhielt die Weaver Coal Company aus Montreal die Genehmigungen, um 50.000 Quadratkilometer im Westen Labradors zu explorieren. Diese Konzessionen wurden 1938 von der Labrador Mining and Exploration Company gekauft, welche erfolgreich Entdeckungen von hochgradigem Eisenerz in der Umgebung Scheffervilles machte. Im Jahr 1942 wurde die Labrador Mining and Exploration Company durch zwei größere Unternehmen finanziert: durch das kanadische Goldunternehmen Hollinger Consolidated Gold Mines und durch die US-Stahlfirma M.A. Hanna. Eine Reserve von 400 Mio. t DSO-Eisenerzen wurde zwischen 1945 und 1949 bei Knob Lake in der Nähe von Schefferville berichtet. Diese Reserve war der Auslöser für zahlreiche Interessensbekundungen US-amerikanischer Stahlunternehmen. 1949 schloss sich Labrador Mining and Exploration Company mit den Partnern National Republic, Armco, Youngston und Wheeling-Pittburg zusammen, um mit der Gründung der Iron Ore Company of Canada die Finanzierung der Entwicklung der Eisenerzliegenschaften zu gewährleisten. Die Konstruktion von Knob Lake 1950 beinhaltete eine 573 km lange Schienenverbindung von Schefferville nach Sept-Îles (heute QNS&L), die Errichtung von zwei Wasserkraftwerken in der Nähe von Churchill Falls, der Bau einer Hafenanlage bei Sept-Îles für eine Kapazität von 10 Mio. t, der Ausbau der Stadt Schefferville, um die Minenarbeiter unterbringen zu können und Produktionsvorbereitungen (Bau einer Verarbeitungsanlage mit Straßen und Verladeeinrichtungen).

Die IOC begann 1955 mit Untersuchungen zu der Carol Lake Liegenschaft und nachdem dort die Ressourcen auf etwa 2 Mrd. t Fe geschätzt wurden, wurde 1958 die Produktionsentscheidung dazu getroffen. Als Teil der Konstruktion von Carol Lake wurde Labrador City ebenfalls als Stadt für die Arbeiter ausgebaut und ein neuer 61km langer Bahnabschnitt zwischen Labrador City und dem QNS&L Schienennetz wurde errichtet. Die erste Produktion von Carol Lake wurde 1963 vollzogen und bis 1965 erreichte man eine jährliche Förderrate von 6 Mio. t. Eine magnetische Trennanlage wurde 1966 hinzugefügt, gefolgt von einer Expansion der Pelletisierungskapazität auf 10 Mio. t pro Jahr in 1967. Ein weiterer Ausbau erhöhte die Konzentratkapazität auf 20 Mio. t pro Jahr in 1972 mit einem gleichzeitigen Aufbau einer zusätzlichen Pelletproduktionsanlage für 6 Mio. t pro Jahr bei der Hafenanlage bei Sept-Îles. Die höchste aufgezeichnete Produktionsrate der IOC lag 1979 bei 27,8 Mio. t. Jedoch wurden 1981/1982 die Pelletproduktionsanlage bei Sept-Îles und der Minenbetrieb bei Schefferville eingestellt. Zwischen 1998 und 2005 lag die Produktionskapazität von Carol Lake bei 17 Mio. t pro Jahr, welche sich bis 2008 auf 18 Mio. t pro Jahr erhöhte. 2005 gliederte die IOC den Passagierverkehr zwischen Schefferville und Sept-Îles sowie die 132,5 km lange Schienenverbindung zwischen Schefferville und Emeril Junction auf die zu drei First Nation Gemeinden gehörenden Gesellschaft Tshiuetin Rail Transportation Inc. aus. Carol Lake hat mit seiner Konzentrat- und Pelletproduktionsanlage bis heute über eine Milliarde Tonne Roherz gefördert. Momentan beschäftigt die IOC etwa 2.500 Mitarbeiter und verfügt über Reserven von 555 Mio. t Fe sowie Ressourcen von insgesamt 3.088 Mio. t Fe (gemessene 590 Mio. t Fe, angezeigte 1.673 Mio. t Fe, geschlussfolgerte 825 Mio. t Fe). Mit zahlreichen noch zu explorierenden Liegenschaften besitzt die IOC noch großes Ressourcenpotenzial.

Im Jahr 2008 wurde zusammen mit Rio Tinto ein $500 Mio. schweres Expansionsprogramm auferlegt, welches dann aber aufgrund der eingetretenen Finanzkrise aufgeschoben wurde. Im Juni 2010 wurde das Programm wieder aufgenommen, welches sich in drei Phasen unterteilt und eine jährliche Zielproduktionskapazität von 26 Mio. t Fe für 2016 ermöglichen soll. Die im August 2012 abgeschlossene Phase I mit einer korrigierten Investitionssumme von $628 Mio. (2010: $435 Mio.) hat die Konzentratproduktionskapazität durch ein neues Bandfördersystem und einer zusätzlichen autogenen Mahlmühle um 4 Mio. t auf 22 Mio. t erhöht. Die Phase II sieht Investitionen von $277 Mio. für den Ausbau der Magnetit-Aufbereitungs- und Gravitationskreislaufanlagen vor, um die Gewinnungsrate zu erhöhen und damit die Produktionskapazität um weitere 1,3 Mio. t zu steigern. Phase II soll bis Mitte 2014 abgeschlossen werden, Phase III ist in der Planungsphase und dazu wurden noch keine Entscheidungen getroffen. Es wurde aber darüber hinaus eine Studie in Auftrag gegeben, die eine mögliche Expansion auf 50 Mio. t pro Jahr untersuchen soll. Im Jahr 2012 produzierte die IOC 9,7 Mio. t Eisenerzpellets sowie 4,4 Mio. t Eisenerzkonzentrat. Die Produktionskosten pro Tonne Eisenerzkonzentrat sollen bei etwa $61 liegen.

Die IOC ist der 100%-Eigentümer der kanadischen Eisenbahngesellschaft Quebec North Shore and Labrador Railway (QNS&L), dessen 418km lange, isolierte, 1954 erstellte Bahntrasse Labrador City mit der Hafenstadt Sept-Îles verbindet. Die Bahntrasse hat eine Transportkapazität von 80 bis 85 Mio. t jährlich. Die Eisenbahnflotte besteht aus 60 Lokomotiven und 1.380 Erzwagen. IOC"s Hafenanlagen bei Sept-Îles, die ganzjährig schiffbar sind, umfassen den größten Tiefseewasserhafen Kanadas der Tonnage nach und Lagerflächen für bis zu 6 Mio. t. Die momentane Hafenkapazität von 28 Mio. t hat ein Erweiterungspotential auf bis zu 200 Mio. t. Die IOC besitzt demnach in Kanada ein integriertes und erweiterbares Produktionssystem für Eisenerz von der Mine bis zum Hafen. Von Sept-Îles aus werden Eisenkonzentrate und -pellets im Verhältnis 35-35-25 nach Europa, Nordamerika und Asien verschifft.

Im März 2013 sind Gerüchte aufgekommen, dass Rio Tinto unter anderem die Credit Suisse mit der Verkaufsplanung für deren IOC-Anteil beauftragt haben soll. Ob die anderen Eigentümer der IOC von Ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen werden oder ein Dritter den Anteil (teil-)übernimmt, darüber wird stark spekuliert. Rio Tinto bestätigte die Verkaufsabsicht erst nicht, sagte aber gleichzeitig, dass man ausgewählte Assets definitiv nicht unter Buchwert verkaufen würde. Nachdem Rio Tinto im Januar im Jahresbericht für 2012 Abschreibungen von US$14,4 Mrd. und zum ersten Mal in der Unternehmensgeschichte überhaupt einen Verlust (US2,99 Mrd.) verbuchen musste, wurde der dafür verantwortliche CEO Albanese entlassen. Seitdem versucht der neue CEO Sam Walsh, der bereits Chef der bei Rio Tinto überwiegenden Eisenerzsparte war, mit einer konservativeren Unternehmensführung und einem stärkeren Fokus auf den shareholder value eine neue Leitlinie im Unternehmen zu integrieren. Die massiven Abschreibungen hatten vor allem ihre Ursache in den schlecht getimten und überzogenen Übernahmen von der kanadischen Aluminiumgesellschaft Alcan Inc. für US$38 Mrd. in 2007 und dem mosambikanischen Kohleexplorer Riversdale Mining Ltd. in 2011. Die gesamten Schulden beliefen sich 2012 auf US$26,6 Mrd. (2011: US$21,4 Mrd.) und die Nettoverbindlichkeiten stiegen auf US$19,2 Mrd. (2011: US$8,4 Mrd.). Bis Ende 2014 sollen nun US$5 Mrd. im operativen Bereich eingespart werden, die Investitionsausgaben in genehmigte und laufende Projekte sollen auf US$13 Mrd. für 2013 gesenkt werden (2012: US$17,4 Mrd.). Nachdem ein Konsortium um Apollo Capital Management und der Blackstone Group ein Kaufangebot abgegeben hatten, welches als zu niedrig abgelehnt wurde, scheint aktuell die chinesische Stahlgruppe Wuhan Iron & Steel Interesse an Rio's IOC-Anteil zu haben, dessen Wert auf ca. US$4 Mrd. geschätzt wird. Warum die IOC für Rio Tinto eher uninteressant und nicht zum engen Kerngeschäft zählt, zeigen die Zahlen des Jahresberichts: Die Erweiterung der australischen Pilbara-Region auf eine jährliche Förderkapazität von 290 Mio. t mit Investitionskosten von insgesamt $8,4 Mrd. konnte mit Meldung vom 2. Oktober 2013 erfolgreich abgeschlossen werden und soll bis 2015 auf 360 Mio. t mit $3,5 Mrd. weiter aufgestockt werden. Die IOC (58,72% Anteil) generierte in 2012 Einnahmen von $1,97 Mrd., während die Pilbara-Region $22,18 Mrd. an Umsatzerlösen erzielen konnte. Somit ist klar zu erkennen, dass der Fokus von Rio Tinto voll und ganz auf der Entwicklung der Pilbara-Region liegt.

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