Kolumne von Thomas Rausch

Ein Sturm zieht auf

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,

und dieser Sturm bezieht seine Kraft aus mehreren Richtungen.

I.) Die Euro-Zone zerlegt sich selbst

Draghi arbeitet unter Hochdruck daran, den Euro, die zeitwichtigste Reservewährung der Welt, zur Weichwährung zu machen. Die 1,14 Billionen Euro sind nur ein erster Schritt. Tatsächlich aber ist das OMT-Programm unlimitiert. Die nationalen Notenbanken sollen ausschließlich die Staatsschulden ihrer eigenen Länder kaufen. Man könnte also die Hoffnung hegen, die Deutsche Bundesbank werde sich an dem Aufkaufprogramm nicht beteiligen. Immerhin sollte sie doch wohl der Herr über ihre eigene Druckerpresse sein. Doch Draghi hat versichert, die Geldpolitik der EZB bleibe einheitlich, auch wenn die nationalen Notenbanken beteiligt sind. Ein Ausscheiden einer Notenbank ist also nicht vorgesehen. Man kann dagegen zwar vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Die Tatsche aber, dass sich die Bundesregierung in dieser extrem wichtigen Frage nicht hinter ihre Bundesbank stellt und stattdessen auf die angebliche Unabhängigkeit der EZB verweist, dokumentiert den vollkommen Souveränitätsverlust der Regierung und des Parlaments.

Die Situation wird durch die Griechenlandkrise noch dramatischer. Es ist fast schon amüsant. Der renommierte Volkswirt Thomas Straubhaar ergeht sich in der "Welt" in fein ziselierten spieltheoretischen Überlegungen. Lasst Tsipras doch den ersten Schachzug machen. Dann werden wir ja sehen, wie er seine Wahlversprechen finanzieren will. Straubhaar geht davon aus, dass Alexis Tsipras von der Syriza schrittweise seine Strategie offenbare werde. Doch was macht Tsipras? Er fegt mit einem kraftvollen Wisch das Schachbrett des verdutzten Herrn Professors vom Tisch und spielt sein eigenes Spiel. Sein erster Stich: Er stellt die Beamten wieder ein. Man mag sich darüber ärgern. Aber das ist die logische Konsequenz der "Rettungspolitik" der Troika. Ein Land ist mehr als eine Verwaltung, makroökonomische Daten und Geldströme. Da leben auch Menschen. Und die sind offenbar so verzweifelt, dass sie auch bereit sind, aus der Euro-Zone herausgeworfen werden. Aber wird die EU diesen Schritt gehen? Die Ökonomen rufen jetzt, dass ein Grexit aus wirtschaftlicher und finanzieller Sicht kein Problem mehr sei. Und die politischen Folgen? So wie es aussieht, hat Tsipras die besseren Karten auf der Hand. Ein politisches Desaster für die EU, das die künstlich aufrechterhaltene Stabilität der Währungsunion mit und ohne Grexit schwächen wird und neue Interventionen heraufbeschwört.

II.) Russland vor dem nächsten "Default"?

Die Sanktionen gegen Russland und der Ölpreisschock haben zu einer Rubelkrise geführt. Die Wirtschaft bricht ein und mit ihr könnten in diesem Jahr bis zu 200 russische Banken pleitegehen. Das wäre ein Fünftel aller Geldhäuser. Erinnerungen an den "Default" von 1998 und 1999 werden wach. Damals wurde er ausgelöst durch die Asienkrise 1997, als immer mehr Investoren ihr Kapital aus den Schwellenländern abzogen. Eine solche Kapitalflucht erlebt Russland gegenwärtig wieder. Mittlerweile scheint man in Europa aber zu verstehen, dass Finanzsysteme global vernetzt sind und ein Crash in Russland vermutlich auch Auswirkungen auf andere Finanzsysteme haben könnte. Es ist zwar zu begrüßen, dass nun die Sanktionen locker möchte und sogar Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen Russland und der EU geführt werden. Doch die ersten Dominosteine sind bereits gefallen.

Rubel vs US-Dollar

Quelle: Onvista – Rubel/US-Dollar.

III.) USA, ein Wintermärchen

Aus dem gestern veröffentlichen FOMC-Statement geht hervor, dass es der US-Wirtschaft gut geht. Es werden neue Arbeitsplätze geschaffen. Die Inflation sein zwar sehr niedrig und sie könnte noch weiter fallen. Aber man sei sich sicher, dass sie demnächst wieder anziehen werde. Die Zielvorgaben des Fed werden also erreicht, so dass einer Zinswende nichts mehr im Wege steht.

Doch es gibt noch eine Realität außerhalb der Wandelhallen des Fed-Gebäudes. US-Finanzminister Jack Lew schwärmte in Davos von der Stärke des Dollars. Sie sei gut für die Welt und toll für die USA. Aber, sagt er, nur, wenn diese Stärke aus der Stärke der Wirtschaft, und nicht etwa durch "unfaire Methoden" anderer Notenbanken erzeugt werde. Namen hat er nicht genannt. Aber Herr Draghi wird sich angesprochen gefühlt haben.

Der Dollar wird den USA zu stark. Im Dezember sind die Industrieaufträge um -3,4 Prozent eingebrochen. Die Konsensschätzung ging von +0,5 Prozent aus. Der Gewinn des größten Baumaschinen-Hersteller der Welt, Caterpillar, brach im vierten Quartal um knapp 25 Prozent ein, weil die durch den starken Dollar gedrückten Rohstoffpreise die Investitionsbereitschaft der Minengesellschaften in Baugeräte abbremsen. Auch dem größten US-Pharmakonzern Pfizer und dem Konsumgüterkonzern Procter & Gamble bescherte der starke Dollar einen Gewinneinbruch. Das zweite Quartal von Oktober bis Dezember sei eine Herausforderung mit "beispiellosen" Währungsabwertungen gewesen, sagte A.G. Lafley, CEO von P&G, am Dienstag.

Und in dieser schwierigen Situation hält das Fed an seiner Absicht, die Zinswende in diesem Jahr einzuleiten, fest! Ein Blick auf die kollabierenden Renditen der US-Staatsanleihen zeigt eher, dass hier eine heftige Rezession eingepreist wird. Es fragt sich nur wo die Rezession ausbrechen wird: In den USA, in der Euro-Zone oder in Asien?

IV.) China geht die Puste aus

Im letzten Jahr ist Chinas Wirtschaft mit 7,4 Prozent gewachsen. Wenn diese Zahl stimmt, steht sie für das geringste Wachstum seit 20 Jahren. Aber vermutlich ist diese offizielle Zahl sogar noch geschönt. Wegen der schlechteren Wachstumsaussichten korrigierte der Internationale Währungsfonds seine bisherige Vorhersage für China um 0,3 Punkte auf 6,8 Prozent in diesem Jahr und um 0,5 Punkte auf 6,3 Prozent im nächsten Jahr nach unten. Die Welt sucht händeringend nach Wachstum, doch einer der größten Lokomotiven geht der Dampf aus. Ganz zu schweigen davon, dass sich bei chinesischen Großbanken immer mehr faule Kredite anhäufen. Die Branchen-Schwergewichte Bank of Communications und Industrial & Commercial Bank of China gaben am Mittwoch den stärksten Anstieg ausfallgefährdeter Darlehen seit zwei Jahren bekannt.

V.) Alle Augen auf den US-Dollar!

Wohin soll man in diesem Chaos zuerst blicken? Auf den Dollar und das Fed! Die globalen Finanzmärkte hängen direkt oder indirekt vom Dollar ab. Ginge die Zinsschere zwischen den USA und den anderen Industrieländern weiter auseinander, würden es die Finanzmärkte zerreißen. Kredite, die aus dem Ausland in Dollar aufgenommen wurden, um damit gehebelt zu spekulieren, werden immer teurer. Irgendwann sind sie zu teuer. Was dann passiert, sehe wir beim Ölpreis. Panikartig wurden hier von Finanzanlegern die kreditfinanzierten Futurekontrakte auf den Markt geworfen.

Dollar-Stärke vs. hist krisen

Quelle: Zerohedge – Zusammenhnag von Dollar-Stärke und historischen Krisen.

Asiatische Unternehmen und Spekulanten haben ebenfalls Dollarkredite aufgenommen. Es mag sein, dass sich die amerikanischen Bürger im Moment noch über die gestiegene Kaufkraft des Dollars freuen. Ebenso alle Zentralbanken, die Dollarreserven halten. Aber es gibt auch Marktteilnehmer, die jetzt kalte Füße bekommen. Der US-Konsument freut sich vielleicht über sein Aktiendepot, dass in den letzten Jahren immer wertvoller geworden ist. Aber ein asiatischer Fond, der mit Dollarkrediten auf den S&P 500 setzt, könnte sich genötigt sehen, seine hochspekulativen Positionen aufzulösen. Und plötzlich vergeht dem amerikanischen Konsumenten die Lust am Konsum.

Seit das Fed QE4 im Oktober eingestellt hat, läuft der S&P 500 seitwärts. Der Dollar steigt gegenüber den meisten anderen Währungen. Die Zinswende droht. Wie werden die institutionellen Anleger reagieren? Werden sie noch mehr Kredite aufnehmen und den S&P 500 weiter anschieben? Oder werden sie die Kreditrisiken reduzieren und den Leitindex unter Druck setzen?

S und P 29.01.2015

Die Frage aller Fragen: Was passiert jetzt mit Gold?

Wenn Gold schon jetzt der Dollar-Stärke trotz, was wird passieren, wenn die Aktienmärkte einbrechen, der sichere Hafen aufgesucht wird und das Fed gegen die Dollar-Stärke interveniert?!

Gold 29.01.2015

Gold könnte jetzt buchstäblich jeden Augenblick über den Widerstand bei ca. US$1.300 steigen und ein neues wichtiges Kaufsignal generieren. In diesem Szenario dürften die Goldminenaktien besonders stark profitieren, denn die meisten Unternehmen haben in den letzten Jahren eine gewaltige Rosskur absolviert und ihre Produktionskosten reduziert. Es könnte also sein, dass sich die Goldminenaktien im Fall einer Trendwende beim Gold sogar noch spritziger entwickeln werden, als das in der Vergangenheit ohnehin im Zuge von Goldrallyes der Fall war.

Noch habe ich keine neuen Gold- und Silberaktien in mein Musterdepot 2015 gelegt. Aber ich könnte mir vorstellen, dass sich das jetzt kurzfristig ändern wird. Melden Sie sich deshalb noch heute für meinen Premium-Brief an.

Ihr Thomas Rausch

Offenlegung gemäß §34b WpHG wegen möglicher Interessenkonflikte: Der Autor ist in den besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse nicht investiert.