Kohle in Europa - Teil 4

Kohle in Europa - Teil 4

Nachdem wir in den ersten 3 Teilen Kohle die Weltstatistik, die europäischen Marktdetails und die bedeutendsten Länder bei Braunkohle (Deutschland) und Steinkohle (Polen) durchleuchtet haben, so bringt uns Teil 4 die spezifischen Details der weiteren Euroländer näher. Auch hier kann man erkennen, dass jedes Land seine eigenen Thematiken mit Weltmarktpreisen, regionaler Politik und Wirtschaft zu bewältigen hat, die sich auf den Kohlemarkt auswirken. Die nachfolgenden Länder sind lose angeführt und entsprechen keiner Rangfolge der Leistungen am Kohlemarkt.

Tschechische Republik

2014 verzeichnete die Produktion an Steinkohle (oder hard coal) mit 8,7 Mio. Tonnen gegenüber 2013 einen leichten Anstieg. Generell ist aber die Produktion seit 1987 rückläufig, nur in den letzten beiden Jahren hat sie sich stabilisiert. Auf der Arbeitnehmerseite sind gegenüber 2013 706 Mitarbeiter zu beklagen, wodurch sich der Gesamtpersonalstand auf 11.099 Mitarbeiter reduzierte.

In Sachen Energiepolitik laufen seit Dezember 2014 Debatten in der Regierung, um einen neuen Fahrplan auszuarbeiten, der bis ins Jahr 2040 reichen soll. Unglücklicherweise wurde die Debatte über eine unklare Position der Limits für Braunkohle unterbrochen. Nun wird an Studien gearbeitet, die verschiedene Varianten für zukünftige Limits erarbeiten soll und alle sozialen und ökonomischen Punkte beinhalten muss. Man rechnet damit, dass die für Juni 2015 vorgesehene Abgabe der Studien die Regierung dazu veranlassen wird die Debatten im Juli 2015 wieder aufzunehmen. Parallel dazu wird seit 2014 über eine Anhebung der Royaltyabgaben diskutiert. Man wünscht sich seitens der Regierung eine Unterteilung in Unternehmen, die bereits Genehmigungen für den Betrieb einer Mine haben und denen, die noch keine haben. Plan ist die Verdoppelung der Royaltyeinnahmen, die in Folge zwischen Staat und kommunalen Behörden aufgeteilt werden soll. Dass diese Entscheidung in Kürze gefällt wird darf auf jeden Fall erwartet werden.

Auf staatlicher Ebene erwartet der Finanzminister lt. Aussage vom November 2014 für 2015 ein leichtes Nachlassen der Wirtschaftsleistung des Landes auf ein Plus von 2,3%. Die Inflation sollte weiterhin auf niedrigem Niveau verbleiben, unabhängig von der bestehenden Währungsschwäche. Für den Arbeitsmarkt erwartet die Regierung eine weitere aber ebenfalls nur leichte Verbesserung bei der Arbeitslosenrate.

Bei den Produzenten konnten folgende Veränderungen festgestellt werden. Das Steinkohlewerk OKD führt seit 2013 Restrukturierungsprogramme durch, die das Unternehmen bei den heute schwierigen Gesamtmarktverhältnissen wieder effizienter und nachhaltig besser werden lassen soll. Per 1.1.2015 haben die Werke Darkov und Karvina ihre Operationen fusioniert um künftig die Synergien besser nutzen zu können, denn auch die tschechischen Werke kämpfen bei diesen Weltmarktpreisen ums Überleben.

Griechenland

Der Braunkohlenabbau ist in den letzten beiden Jahren gesunken. Dies nicht durch Markteinfluss, sondern einfach dadurch, dass sich die Reserven dem Ende zuneigen. Parallel dazu sank auch die Anzahl der Beschäftigten. Folge war, dass die Stromproduktion ebenfalls rückläufig war. Aber Strom wurde auch durch neue Regulative der Regierung negativ beeinflusst. Mussten zuvor rd. 4% des nationalen Stromverbrauches aus Bulgarien eingeführt werden, so kletterte der Import 2014 auf 16%.

Braunkohle ist der Hauptenergieträger des Landes, von dem mehr als 50% der Stromgewinnung kommt. 2014 wurde zum Problemjahr, da die erneuerbare Energie nicht die erwarteten Resultate erbrachte. Diese Branche lag mit € 230 Mio. im Minus, und das nach wie vor mit steigender Tendenz. Ein Grund dafür liegt auch im Umstand, dass diese Energieproduzenten mit 6-monatiger Verzögerung bezahlt werden.

PPS, der Hauptproduzent von Stromenergie, sitzt auf Schulden von mehr als € 2 Mrd. Hauptsächlich durch nicht zahlende private Kunden und dem Kleingewerbe (€ 1,4 Mrd.) und der Regierung (€ 0,2 Mrd.). In Griechenland gelten für Familien mit schwachem Einkommen Spezialtarife (600.000 Haushalte), die das Budget von PPS belasten.

2015 wird für die Braunkohle zusätzlich zum Problem, da Umweltauflagen die Unternehmen bremsen. Hauptursache dafür sind archäologischer und infrastruktureller Natur. Ein weiteres Problem besteht dadurch, dass nur rd. 20% der Berufsabgänger in die Pension neu besetzt werden. Insgesamt kein gutes Bild für die Energiewirtschaft des Landes.

Slowakei

Die Kohleproduktion in der Slowakei stabilisierte sich in den letzten Jahren bei rd. 2,3 Mio. Tonnen jährlich. Für die kommenden Jahre werden rd. 1,8 – 1,9 Mio. Tonnen als Jahresleistung erwartet.

Die Wirtschaftsleistung des Landes entwickelt sich positiv und zeigte für 2014 einen Zuwachs in Höhe von + 3,5%.

HBP ist die größte Kohlemine des Landes, liegt in der Landesmitte, und produziert rd. 2 Mio. Tonnen im Jahr. Dies entspricht rd. 96% bis 98% der gesamten Produktion des Landes. Generell sind jedoch die geologischen Voraussetzungen nicht optimal. Die Mineralisierungslängen betragen selten mehr wie 500m und die Stärken selten mehr wie 100m. Dies führt zu teureren Produktionskosten. Beim Umsatz von € 141,5 Mio. im Jahr 2013 verblieben dem Unternehmen unter dem Strich nur € 2,5 Mio. als Gewinn.

Der Anteil an Heizkraftwerken wird kontinuierlich sinken, während ein neues Wasserkraftwerk am Ipel Fluss errichtet wird. Durch die Umweltauflagen sieht man die Errichtung vieler kleiner regionaler Wasserkraftwerke, und diese Tendenz ist steigend.

Die überwiegenden Importe an Heizkohle kamen 2014 aus der Donbass und Kuzbass Region. Die Hälfte der im Jahr 2014 importierten Menge von 3,3 bis 3,4 Mio. Tonnen Steinkohle wurde im Kraftwerk Vojany4 verbraucht, der Rest ging an die Haushalte und lokalen Heizstationen. Für 2015 erwartet man geringere Liefermengen aus Russland und der Ukraine beim Import, was das Kraftwerk Vojany vor Probleme stellen wird, da aus der heimischen Produktion und der polnischen Nachbarschaft nicht genügend Nachschub erkennbar ist.

Die bedeutendste inländische Entdeckung der letzten Jahre was das 11. Kohlefeld bei Novaky, bei dem mit einem Kapitalaufwand von € 37,25 Mio. 7,3 Mio. Tonnen Reserven aufgebaut werden konnten. Der Abbau begann 2009 und wird erwartungsgemäß bis ins Jahr 2022 reichen. Neue Projekte wie die Modernisierung des Novaky Kraftwerkes, sowie eines Biomasse Logistik Zentrums sind aktuell im Laufen.

Im laufenden Jahr wird HBP eine Kohlengrube schließen, aber ein neues Minenfeld in Produktion bringen, wodurch die Kapazität auf gleichem Niveau verbleiben wird. Die Slowakei ist stark abhängig vom russischen Öl und Gas, so wurden 2014 internationale Anschlüsse an Ungarn und Tschechien vorgenommen. Somit tragen die vor rd. 10 Jahren getroffenen Regierungsbeschlüsse nun ihre Früchte und sichern dem Land so ausreichende Energieversorgung.

Slowenien

2015 wird für Sloweniens Energieversorgung ein herausforderndes werden. Das Kraftwerk Sostany und die Kohlemine Premogovnik Velenje, Teile der HSE Gruppe, sind die Hauptenergielieferanten des Landes mit ihren Kohlekraftwerken, Kohleminen und einigen Wasserkraftwerken. Sie versorgen zu mehr als 50% den gesamten Energiebedarf des Landes. Diese Gruppe sieht sich jedoch einem wachsenden Schuldenberg gegenüber und Liquiditätsproblemen, die noch von niedrigen Strompreisen angeheizt werden. Ein weiteres Problem stellt das 600 MW Kraftwerk TES Unit 6 dar, das mit Investitionen der ALSTOM errichtet wurde und Mitte 2015 in Produktion gehen soll. Technisch ist soweit alles in Ordnung, aber derzeit laufen parlamentarische Untersuchungen über die Art der Projektfinanzierung.

Die Strompreise stellen im Land für die Industrie grundsätzlich ein Problem dar, da sie in letzter Zeit um 22% angehoben wurden. Als Begründung dafür wurden Unterstützungen für die Entwicklung der erneuerbaren Energie genannt.

So hat auch Slowenien noch einige Hürden zu meistern, die die Energiewirtschaft belasten.

Rumänien

Der primäre Energieverbrauch von Steinkohle sank 2014 von 0,934 Mio. Tonnen (2013) auf 0,744 Mio. Tonnen ebenso wie der von Braunkohle. 2013: 5,810 Mio. Tonnen, 2014: 5,529 Mio. Tonnen. Dennoch stieg insgesamt der Kohlekonsum der Elektroenergie von 51,7 Terawatt/Stunde auf 56,3 TWh. Oltenia Energie Complex ist der größte rumänische Energieproduzent auf Kohlebasis und verschlingt 99% der heimischen Braunkohleförderung. Er produziert damit auf 3 Standorten 4.300 Megawatt. Darüber hinaus besitzt das Unternehmen 12 weitere Abbaulizenzen, das den Bedarf für weitere 50 Jahre sicherstellt. 19.000 Mitarbeiter sind in diesem Konsortium beschäftigt.

Als Konsequenz der derzeitigen Gesetzgebung ist es für Energieproduzenten, die konventionelle Ressourcen nutzen, viel schwieriger Genehmigungen zu erhalten als für Unternehmen, die sich erneuerbarer Konzepte bedienen. Von der existierenden Kapazität von ca. 24.400 MW fallen in Rumänien bereits mehr als 5.000 MW auf erneuerbare Energie, und dies mit steigender Tendenz.

Ungarn

In Ungarn wuchs im abgelaufenen Jahr die Wirtschaftsleistung um rd. 3% aber der Energieverbrauch verblieb mit 950 petajoule stabil gegenüber dem Vorjahr. Der Anteil an Braunkohle und Steinkohle verblieb mit 15% an der Gesamtenergieleistung auf gleichem Niveau. Vom gesamten Energieverbrauch wurden rd. 40% importiert, die restlichen 60% im Land produziert. Untergrundminen gibt es in Ungarn keine mehr, denn 2014 schloss die letzte Anlage ihre Pforten.

Der jährliche Bedarf an Kohle beträgt rd. 1,4 Mio. Tonnen und verschwindet überwiegend in Heizungen. Eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr ist zu verzeichnen, da der Bedarf der Stahl- und Eisenindustrie gegenüber 2013 um 10% angestiegen ist.

Aber lt. nationaler Energiestrategie soll der Anteil an Atomstrom und grüner Energie künftig wachsen.

Schlusswort

Wie man aus den obigen Länderbetrachtungen erkennen kann, hat jedes Land seine spezifischen Probleme zu bewältigen. Überall ist erkennbar, dass erneuerbare Energie gefördert und gesetzlich gestützt wird.

Trotz aller regionalen Verschiebungen in der Energieproduktion ist der Kohleanteil nach wie vor dominant und ohne Kohle würde in keinem der Länder die Wirtschaft funktionieren.

Nach wie vor ist der Anteil an importierter Steinkohle doppelt so hoch wie die innereuropäische Gesamtproduktion. Es wird interessant sein zu beobachten, wie stark sich in nächster Zeit die Energieerzeugung aus erneuerbarer Energie, Wind- und Photovoltaikanlagen entwickeln wird können, und ob sie im Interesse einer innereuropäischen Wertschöpfung den Import signifikant eindämmen werden.

Es wird überwiegend an der Politik liegen, ob Kohle langfristig wettbewerbsfähig bleiben kann. Erhöhungen der Royaltyabgaben, Erhöhung der Strompreise zu Gunsten neuer Energiesysteme werden auch künftig die Kohleproduzenten negativ beeinflussen. Und solange die Weltmarktpreise für Kohle auf so niedriger Basis verharren, solange werden es die Betreiber von Kohleminen schwer haben.