Kolumne von Thomas Rausch

Verkauft Griechenland gerade sein Gold?

Die Euro-Zone steht gerade auf dem Spiel und Gold bricht ein. Wie passt das zusammen? Müsste Gold nicht durch die Decke gehen? Manche Auguren mutmaßen, dass Griechenland womöglich sein Gold auf den Markt wirft, um sich finanziell über Wasser zu halten und dadurch den Preis drückt. Auszuschließen ist das nicht. Ich halte das aber für unwahrscheinlich. Es sei denn man geht davon aus, dass Griechenland auch Silber (-5,21 Prozent), Öl (-2,5 Prozent), Palladium (-5,4 Prozent) und Kupfer (-5,14 Prozent) im großen Stil verkauft.

Kupfer last Tonne

Eine etwas elegantere Erklärung könnte die Stärke des US-Dollar-Index sein. Zwar lag der gestern nur mit ca. 0,80 Prozent im Plus. Aber er hat ein charttechnisches Kaufsignal generiert. Es könnte sein, dass die Spekulanten sich deshalb von ihren Futurekontrakten trennen, weil sie nun mit einem Ende der Konsolidierung und einem erneuten Anstieg des US-Dollar-Index bis auf mindestens 100 Zähler rechnen.

us dollar Index 08.07

Aus charttechnischer Sicht würde ich mir um Gold im Moment nicht die größten Sorgen machen, denn hier wurde das Tief vom März bei US$1.143 noch nicht erreicht. Sehr viel düsterer sieht die Lage beim Öl-Preis aus, der seit Anfang des Monats wieder deutlich unter Druck geraten ist, oder um Kupfer, dessen Preis mittlerweile auf den tiefsten Stand seit 2009 gefallen ist. Ich vermute, Gold hält sich noch verhältnismäßig gut, weil es als sicherer Hafen gesucht wird. Ob der Goldpreis noch deutlich stärker fallen wird oder ob er jetzt erneut seinen Boden findet, ist schwer zu sagen.

Gold last

Aber wenn es als Absicherung für Risiken am Aktienmarkt dient, dann könnte es schon sehr bald auf große Nachfrage bei den großen Spekulanten am Futuremarkt stoßen. Denn der S&P 500 ist gestern zeitweise aus seinem langfristigen Aufwärtstrendkanal gefallen und die heutigen vorbörslichen Indikatoren deuten erneut auf einen scharfen Test der Unterstützung hin. Kann sich der Leitindex bis zum Handelsende nicht wieder über 2.070 Punkte retten, drohen signifikante Kursrückgänge, die Gold beflügeln oder mindestens unterstützen könnten.

db s&p

Es ist allerdings schwer zu differenzieren, welche Entwicklung den Aktienmarkt im Moment am stärksten in seinen Bann schlägt. Befinden wir uns in einer überwiegend politischen Börse, die sich an der Entwicklung der Griechenlandkrise orientiert? Oder ist es die vor allem bevorstehende Zinswende in den USA, die die Kurse drückt? Ist der US-Dollar-Index stark, weil der Euro mit Blick auf einen möglichen Grexit schwach ist? Oder ist er stark, weil im Dollar-Raum demnächst höhere Zinsen locken?

Die Machtkoordinaten verschieben sich

Die griechische Regierung hat bis Sonntag Zeit, den Geldgebern Reformvorschläge zu unterbreiten. M.E. stehen die Chancen für eine Einigung besser, als es im Moment den Anschein hat. Ich denke, wir sollten die Interessen und Interventionen der USA in dieser Frage nicht unterschätzen. Es ist kein Zufall, dass gestern der UN-Hochkommissar für Menschenrechte mahnte, dass internationale Menschenrechte in Finanz-Fragen eine Rolle spielen und Griechenland die Sparpolitik nicht weiter zugemutet werden könne. Außerdem erklärte gestern Frankreichs Premierminister Manuel Valls – völlig im Einklang mit der entsprechenden Verabredung mit den USA – man werde alles tun, um Griechenland in der Euro-Zone zu halten. In Übereinstimmung mit der jüngsten Schuldentragfähigkeitsanalsyse des IWF brachte er einen Schuldenschnitt für Griechenland ins Gespräch. Wie es scheint, verschieben sich bei der Rettungspolitik die Machtzentren weg von Deutschland und hin zu Frankreich und zur EU.

Trading-Vorschlag

Ein Schuldenschnitt für Griechenland käme vermutlich einer Entmachtung Deutschlands gleich. Es ist unklar, wie die Märkte drauf reagieren würden. Wer nach dem Bruch der 200-Tagelinie den DAX geshortet hat, hält und beachtet ein StopLoss-Limit bei 10.830 Punkten. Wer noch keine Shortposition eröffnet hat, wartet ab, ob der DAX bei 10.560 Punkten, der unteren Begrenzung des Handelskanals, einen Wendepunkt findet oder nicht.

Hält bei Gold die Unterstützung bei US$1.143, weil der S&P 500 signifikant unter seinen langfristigen Aufwärtstrend und die 200-Tagelinie bei 2.050 Punkten gefallen ist, kann eine Longposition auf Gold wagen. Bricht Gold aber trotz Turbulenzen am Aktienmarkt weiter ein, muss man mit einem Sell-out bis in den Bereich von US$1.000 rechnen. In diesem Fall könnt es sich lohnen, antizyklisch Gold- und Silberaktien zu kaufen und auf einen mächtigen Rebound zu setzen, denn es kann vermutlich nicht mehr lange dauern, bis der Stress an den globalen Finanzmärkten allgemein spürbar wird.

Offenlegung gemäß §34b WpHG wegen möglicher Interessenkonflikte: Der Autor ist in den besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse nicht investiert.