Kolumne von Florian Grummes

"Gold – das wird volatil"

Gold in US-Dollar

Rückblick:

Am 2.Mai erreichte der Goldpreis mit 1.303 USD das vorläufige Hoch seiner im letzten Dezember bei 1.046 USD gestarteten Aufwärtsbewegung. Im Anschluss gerieten die Notierungen zunehmend unter Druck. Erst am 30.Mai bei genau 1.200 USD wurde das vorläufige Ende der schon länger erwarteten Korrektur gefunden. Nachdem sich die Bullen vier Tage auf diesen tiefen Niveaus ihre Wunden geleckt hatten, startete der Goldpreis in den letzten acht Handelstagen wieder mit Volldampf nach oben durch. Eine erste wichtige Widerstandsmarke, das Februarhoch bei 1.262 USD, wurde dabei bereits ziemlich mühelos übersprungen. Parallel dazu sind auch die Minenaktien erneut angestiegen und drücken damit den gesamten Edelmetallsektor weiter nach oben.

Gold in USD Monatschart:

Auf dem logarithmischen Monatschart spielt sich das Kursgeschehen mit den letzten drei Monatskerzen jeweils knapp unterhalb des oberen Bollinger Bandes (1.314 USD) ab. Langsam aber sicher scheint es so, als könnten die Bullen diesen starken Widerstand nach oben aufbrechen. Da in dieser Region auch das Hoch vom Januar 2015 liegt, hätte eine Ausbruch über 1.307 USD starke Signalwirkung und dürfte einen schnellen Kursanstieg bis zunächst 1.350 USD nach sich ziehen.

Der Blick auf die Indikatoren bringt allerdings widersprüchliche Signale. Während das MACD-Kaufsignal gerade erst den Beginn eines neuen Aufwärtszyklus eingeläutet haben dürfte, bewegt sich die Stochastik bereits klar in der überkauften Zone. Die Signallinien müssten hier aktuell noch zwei weitere Monate oberhalb von 80 verlaufen, bevor der Oszillator in den trendverstärkenden "embedded Status" wechseln kann. Bis dahin liefert er im überkauften Zustand ein klares Warnsignal. Der RSI hingegen bewegt sich in neutralen Gefilden.

Übergeordnet liegt das mittelfristige Kursziel weiterhin bei ca. 1.500 USD und sollte innerhalb der nächsten 6-12 Monate erreichbar sein. Im Ergebnis behält der Monatschart seine Bewertung "zunehmend bullisch". Erst unterhalb von 1.140 USD muss der neue Aufwärtstrend in Frage gestellt werden.

Gold in USD Wochenchart:

Zoomen wir eine Zeitebene in den Chart hinein, so präsentiert sich der Goldpreis auch auf seinem Wochenchart "zunehmend bullisch". Seit Mitte Februar kämpften die Bullen an der Oberkante des fast vierjährigen Abwärtstrendkanals. Mittlerweile nimmt der erfolgreiche Ausbruch immer konkretere Züge an. Natürlich hat dieser Kampf sehr viel Kraft gekostet, so dass der MACD-Indikator mittlerweile doch recht hoch notiert und zudem ein erstes leichtes Verkaufssignal ausgebildet hat. Dennoch müsste auf den nachhaltigen Ausbruch aus dem Abwärtstrendkanal mittelfristig der Anstieg bis auf 1.500 USD folgen.

Auf der Oberseite bremst momentan nur noch das obere Bollinger Band (1.303 USD) die Avancen der Bullen. Das untere Bollinger Band (1.187 USD) hingegen steigt zügig an und macht Rückfälle unter 1.180 USD extrem unwahrscheinlich. Die Seitwärtskonsolidierung der letzten Monate könnte zwar noch etwas weitergehen, die Bollinger Bänder haben sich mittlerweile aber auf ein gesundes Maß zusammen gezogen.

Positiv präsentiert sich die Stochastik, welche in der letzten Handelswoche schon oberhalb der überverkauften Zone wieder gedreht hat und mit einem neuen Kaufsignal aufwartet.

In der Summe scheint der Wochenchart noch nicht reif für den großen Ausbruch nach oben. Die Zeit spielt den Bullen hier aber in die Hände. Es bleibt beim Prädikat "zunehmend bullisch".

Gold in USD Tageschart:

Auf dem logarithmischen Tageschart drehen die Bullen seit acht Handelstagen richtig auf. Ausgehend von 1.200 USD gelang ihnen eine fulminante Erholung bis 1.287 USD. Die Unterstützungszone 1.200 – 1.215 USD hat damit erneut gehalten und dürfte wohl kaum noch nachhaltig unterschritten werden. Neben dem Hoch im März bei 1.287 USD steht den Bullen nur noch das obere Bollinger Band (1.294 USD) im Wege. Werden diese beiden Widerstände überwunden, sollte Gold zügig bis auf 1.350 USD ansteigen können.

Kurzfristig ist Gold also ohne Frage im Aufwärtstrend und hat mit dem oberen Bollinger Band bereits das logische erste Ziel abgearbeitet. Gleichzeitig ist Gold aber überkauft und an einem stärkeren Widerstand angelangt. Besonders deutlich wird das wie immer mit dem Stochastik Oszillator, welcher klar in der überkauften Zone notiert. Der MACD hingegen hat gerade erst ein Kaufsignal generiert und hätte jede Menge Luft nach oben.

In der Summe muss man dem Tageschart trotz einiger Warnzeichen ein bullisches Zeugnis verpassen. Ein erneuter Rückfall unter 1.262 USD und vor allem unter die 50-Tagelinie (1.252 USD) dürfte aber wohl nochmals zu einem letztmaligen Rücksetzer in Richtung 1.200 USD führen. Bricht Gold hingegen über 1.294 nach oben aus, geht es zügig weiter bis ca. 1.350 USD.

Eine extrem negative Variante kann ich an dieser Stelle leider nicht verschweigen. Scheitert Gold aktuell an der Marke von 1.287 USD und bleibt beim nächsten Anstieg auch unterhalb von 1.262 USD, während gleichzeitig die Unterstützung um 1.200 USD erneut angelaufen und bestätigt wird, hätten wir alle Puzzleteile für eine bärische Schulter (1.262/1.287 USD) – Kopf (1.303 USD) – Schulter (1.287/1.262 USD) Umkehr-Formation. Ein Unterschreiten der Nackenlinie bei 1.200 USD würde dann ein Kursziel von 1.100 USD aktivieren. Die CoT-Daten passen zu diesem Szenario! Alles andere ist momentan reine Spekulation. Ich wollte auf dieses unwahrscheinliche, aber doch mögliche Szenario hingewiesen haben.

Gold/Silber-Ratio

Die Gegenbewegung beim Gold/Silber-Ratio ist in den letzten Wochen wie erwartet eingetreten. Bislang verläuft sie mustergültig unterhalb der 50-Tagelinie (75,40) und vor allem auch unterhalb des 38,2%-Retracements der vorangegangenen Abwärtsbewegung. Damit bestätigt das Ratio weiterhin eine neue Aufwärtsbewegung im gesamten Edelmetallsektor. Zudem bleibt Silber das weitaus chancenreichere Investment. Fällt das Ratio nun klar und deutlich unter die Zone von 69-72 Punkten dürfte die nächste Stufe der übergeordneten Rally am Gold- und Silbermarkt eingeläutet werden. Die nächsten Kursziele liegen dann bei 66 und 58 Punkten.

CoT-Report

Die kumulierte Netto-Leerverkaufsposition der kommerziellen Händler ist in den vergangenen drei Wochen zwar unterm Strich etwas gesunken, insgesamt bewegt sie sich aber weiterhin auf sehr ungesundem Terrain. Aktuell beträgt diese Shortposition 243.692 leerverkaufte Kontrakte. Ein antizyklisches Kaufsignal liegt eigentlich erst bei Werten unterhalb von 80.000 Kontrakten vor. Davon sind wir weit entfernt. Die Preis-Korrektur im Mai hat rückblickend also kaum zu Eindeckungen geführt. Auch am Silbermarkt sind die Profis nach wie vor stark auf der Shortseite engagiert. Insgesamt liefert der Analysebaustein CoT-Report/Terminmarktdaten weiterhin ein klares Verkaufssignal und steht damit im krassen Gegensatz zur Kursentwicklung der letzten Tage.

Sentiment

Die neuesten Sentimentdaten liefern mehrheitlich neutrale Signale. Nur der Kupfermarkt meldet einen übertriebenen Pessimismus. Allerdings empfiehlt die Bild-Zeitung wieder den Kauf von Gold. Der Beitrag taucht noch nicht prominent auf der Titelseite auf (wir erinnern uns an den August 2011). In der Regel hat das Sentiment dann aber zumindest ein Zwischenhoch erreicht, sobald die Massenmedien ein Investmentthema aufgreifen. Auch erhalte ich in den letzten Tagen vermehrt Anfragen von Menschen aus meinem persönlichen Umfeld, die sich eigentlich nicht mit Gold und den Finanzmärkten befassen. Alle treibt die Sorge um ihr Geld bzw. der Drang Null- und Negativ-Zinsen zu vermeiden. Einerseits ist das sicherlich stark unterstützend für den Goldmarkt, andererseits erscheint das kurzfristige Timing etwas unglücklich.

Insgesamt bleibt es bei einem neutralen Stimmungsbild, welches weder ein Kauf- noch ein Verkaufssignal für die Edelmetalle liefert.

Saisonalität

Der laufende Monat Juni hat dem Goldpreis im Durchschnitt der letzten vierzig Jahre einen Verlust von 0,351% beschert. Bislang steht in 2016 jedoch ein Plus von fast 5% auf der Habenseite der Bullen. Noch ist der Monat Juni und damit auch die saisonal ungünstigste Phase des Jahres aber nicht überstanden. Angesichts der bevorstehenden Ereignisdichte (FED-Zinsentscheid, Brexit-Abstimmung, Anfechtungsklage in Österreich, Neuwahlen in Spanien, Bundesverfassungsgericht entscheidet über die Euro-Rettungspolitik, EM in Frankreich) kann sich das Blatt in den kommenden zwei Wochen auch noch dramatisch ändern.

Grundsätzlich gilt, dass die beste Phase für Gold erst Ende Juli beginnt.

Gold in EUR

Rückblick:

In Euro gerechnet kam der Goldpreis ab Mitte Mai noch einmal unter Druck. Vom Hoch bei 1.135 EUR pro Feinunze ging es bis zum 1.Juni runter bis auf 1.080 EUR. Seitdem sind die Kurse wieder stark gestiegen und haben die zwischenzeitlichen Verluste wieder komplett aufgeholt.

Gold in EUR Wochenchart:

Auf dem logarithmischen Wochenchart scheint sich seit Anfang März nicht eine ABC-Korrektur, sondern eine Dreiecksformation zu entwickeln. Das Hoch Anfang Juni lag jedenfalls knapp 8 EUR über dem Tief Anfang April. Gleichzeitig sind aber auch tiefere Hochs zu verzeichnen. Der übergeordnete Aufwärtstrend bleibt damit intakt und die laufende Konsolidierung nähert sich wohl langsam aber sicher ihrem Ende. Kurse unterhalb von 1.080 EUR sind jetzt ziemlich unwahrscheinlich geworden. Bleibt es bei der Dreieckskonsolidierung, kann man die Feinunze bestenfalls noch einmal knapp unter 1.100 EUR ordern.

Auffällig bleibt zudem die insgesamt eher positive Struktur der beobachteten Indikatoren. Der MACD läuft seit März seitwärts und hat aktuell ein kleines Verkaufssignal aktiviert. Das zugehörige Histogramm dreht aber schon wieder nach oben. Der RSI bewegt sich ebenfalls neutral. Die Stochastik jedoch hat bereits deutlich oberhalb der überverkauften Zone wieder nach oben gedreht und damit ein neuerliches Kaufsignal geliefert.

Insgesamt gibt der Wochenchart ein zunehmend bullisches Bild ab. Der Ausbruch aus dem Dreieck und über die starke Widerstandszone um 1.160 USD wird wohl im weiteren Verlauf dieses Sommers über die Bühne gehen.

Gold in EUR Tageschart:

Wie erwartet kam es auf dem logarithmischen Tageschart im Mai zu einem Rücksetzer. Allerdings fiel dieser nicht so tief wie erhofft aus, sondern konnte bereits bei 1.080 EUR einen Boden finden. Seit acht Handelstagen melden sich die Bullen mittlerweile wieder zurück und treiben den Goldpreis in Euro aktuell bis an die obere Begrenzung des Dreiecks. Entweder kommt es hier nochmals zu einem Rücksetzer in Richtung der 50-Tagelinie (1.107 EUR) oder die Bullen schaffen bereits in dieser Handelswoche den Durchbruch nach oben. Im positiven Fall geht es dann direkt weiter bis zum horizontalen Widerstand bei 1.165 EUR. Dieser dürfte jedoch nicht im ersten Anlauf zu überwinden sein.

Negativ ist derzeit eigentlich nur die überkaufte Stochastik, welche den erwähnten Rücksetzer in Richtung 1.100 EUR oder etwas tiefer erzwingen könnte. Das absolute "worst case" Szenario wäre ein tiefer Rücksetzer bis an die steigenden 200-Tagelinie (1.052 EUR). Charttechnisch spricht dafür aber derzeit absolut gar nichts.

Zusammengefasst bleibt der Tageschart zunehmend bullisch. Das Dreieck müsste spätestens innerhalb der nächsten ein bis zwei Monate nach oben verlassen werden. Dann sind zunächst 1.160 EUR, im weiteren Jahresverlauf aber auch 1.200 EUR und 1.225 EUR realistisch.

Handelsempfehlung:

Das zuletzt genannte Kauflimit bei 1.080 EUR wurde am 1.Juni haargenau erreicht. Wer jetzt immer noch nicht investiert ist, sollte es mit einem neuen Kauflimit bei 1.100 EUR versuchen. Mit etwas Glück kommen sie hier noch einmal zum Zuge.

Goldminenindex GDX

Der GDX (Market Vektor Goldminers ETF), an dieser Stelle repräsentativ für das Spektrum der Gold- und Silberminenaktien verwendet, konnte auch in den letzten vier Wochen mit einer unglaublichen Stärke überraschen. Zwar kam es ab Mitte Mai für zwei Wochen zu einem kurzen "Luft holen" und damit zu einem Rücksetzer bis an die 50-Tagelinie (23,53 USD) bei 22,13 USD. In Windeseile strömten aber neue Marktteilnehmer in diesen engen Sektor, so dass der GDX am vergangenen Freitag bereits ein neues Verlaufshoch bei 26,90 USD verzeichnen konnte. Offensichtlich wartet noch immer jede Menge Kapital am Seitenrand, denn es werden bereits kleinste Rücksetzer zu Käufen genutzt.

Dennoch bleibt der große Abstand zur 200-Tagelinie (17,47 USD) eine eher ungesunden Entwicklung. Zudem muss nun jeder neue Investor seinen Minenaktien erheblich mehr Luft zum atmen zugestehen, um nicht im Rauschen des Marktes einfach ausgestoppt zu werden. Schließlich würde selbst ein derart tiefer Rücksetzer (33%) das übergeordnete sehr bullische und chancenreiche Bild nicht zerstören.

Der Blick auf den Chart macht aber natürlich klar, dass hier seit Mitte Januar nur die Bullen regieren. Der Rücksetzer hat die kurzfristig heiß gelaufene Lage nur vorübergehend korrigiert. Bereits jetzt liefern die Indikatoren neue Kaufsignale. Vor allem die Stochastik ist innerhalb kürzester Zeit von überverkauft in den bullisch eingebetteten Zustand gewechselt. Der Aufwärtstrend ist damit bis auf weiteres festgezurrt und sitzt fest im Sattel.

Einziger Wermutstropfen ist die starke Widerstandszone zwischen 27,50 USD und 30,50 USD, welcher sich der ETF zielstrebig annähert. Dort könnte es dann doch zu einem etwas größeren Rücksetzer kommen. Insofern empfiehlt es sich aktuell, eher vorsichtig zu agieren.

Aufgrund der "embedded" Stochastik bleibt das Rating aber klar und eindeutig auf "mega bullisch". Wer bereits dabei ist, kann oberhalb von 27,50 USD über kleine Gewinnmitnahmen nachdenken. Die Kernposition sollte nun jedoch idealerweise über die nächsten ein bis vier Jahren gehalten werden.

Zusammenfassung und Konklusion

Angesichts der Ereignisdichte in den kommenden zwei Wochen ist eine kurzfristige Prognose aktuell äußerst schwierig. Sicher erscheint wohl nur, dass es sehr volatil werden dürfte. Daher ist man gut beraten, sich mit spekulativen Positionen dem Markt vorläufig fernzuhalten. Ein nochmaliges Abtauchen am Goldmarkt in Richtung 1.200 USD erscheint mir angesichts der nach wie vor negativen Saisonalität, den miserablen CoT-Daten und dem leicht ungünstigen Sentiment durchaus möglich. Die erwähnte bärische Schulter-Kopf-Schulter Formation sollte man zudem im Hinterkopf behalten, auch wenn derzeit nichts dafür spricht.

Sollte es zum Brexit kommen, kann der Goldpreis in Euro innerhalb kürzester Zeit explodieren. Bleiben die Briten hingegen in der EU müsste man mit einem deutlichen Erstarken des Euros rechnen. Bereits morgen wird die FED für Bewegung sorgen. Auffällig sind derzeit zudem die starken Kursanstiege bei den Kryptowährungen Bitcoin und Ether. Es könnte sich hierbei um eine Fluchtbewegung raus dem Pfund und raus aus dem Euro handeln. Längerfristig betrachtet haben diese neuen Märkte das Zeug für eine handfeste Blase. Kurzfristig ist die Luft aber dünn geworden und sollte spätestens mit der Brexit-Entscheidung einen deutlichen Rücksetzer bringen.

Insgesamt stehen uns unruhige Wochen bevor, die man am besten mit Liquidität und physischem Gold an der Seitenlinie verfolgt.
Übergeordnet steigt der Goldpreis innerhalb der nächsten 8-12 Monate mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zunächst bis auf 1.500 USD. Der Weg dorthin wird aber keine Einbahnstraße. Anleger sollten daher geduldig auf den nächsten Rücksetzer warten.