Edelmetalle und Weltwirtschaft - aktueller Überblick und Ausblick
Beinahe täglich werden wir durch die Medien mit Frohbotschaften aber auch Hiobsmeldungen über die weltweite Wirtschaftsentwicklung überhäuft. Kein Wunder also wenn man als aufmerksamer Leser leicht den Überblick und die Wirkung der Zusammenhänge verliert. Daher ist es wichtig, von Zeit zu Zeit einen aktuellen Stand der wichtigsten und trendbildenden Nachrichten, Analysen und Prognosen zusammenzufassen. Heute betrachten wir die Sachlage in der westlichen Welt und wagen Aussagen über mögliche Auswirkungen auf die Edelmetalle.
Lassen wir einmal die permanent wiederkehrenden Meldungen über eine gesundende Wirtschaftslage in den USA und die Beteuerungen der für die EU agierenden Kanzlerin Merkel, "gemeinsam wir schaffen das", im Raum stehen und schauen ein wenig hinter die Fassade. Einer Fassade, die der Bevölkerung vorgaukeln soll, dass die Politik imstande sei die sich gewaltig aufbauenden Probleme zu lösen.
In den USA hat sich langsam aber stetig in den letzten 3 Jahren eine gewaltige Aktienblase aufgebaut, getrieben von der vergangenen Geldschwemme und aus der aktuellen Einsicht, dass die Zinsen weiterhin auf rekordverdächtigem Tiefststand verbleiben. Nun, hohe Aktienkurse erfreuen die Anleger, aber nur dann langfristig, wenn sie auch auf steigender Wirtschaftsleistung und zunehmender Profitabilität der Unternehmen beruhen. Betrachtet man nun den S&P500 als den wichtigsten Markt der USA, so fällt eines besonders auf. Seit geraumer Zeit, genauer seit 2014, steigen zwar die Kurse nach wie vor, aber die Unternehmensgewinne sinken dramatisch.
Quelle: Rottmeyer.de, M&W Investmentfonds
Steigende Aktienkurse und gleichzeitig fallende Gewinne passen einfach nicht in ein gesundes Bild und schreien förmlich nach einer kräftigen Korrektur. Mittlerweile ist der durchschnittliche KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) bei 29 angelangt. Die Unternehmen sind somit mit dem 29-fachen ihres Gewinnes bewertet – ein absolut ungesunder Wert, wenn die Gewinne dies nicht hergeben. Das sind rd. 65% über dem normalen Durchschnitt und zeigt glasklar auf, dass die Börse bereits weit überhitzt ist. Haben die meisten Analysten bereits nach einer charttechnischen "Doppeltopbildung" zum Jahreswechsel vermutet, dass nun der Moment gekommen sei wo die Börsen kräftig zu korrigieren haben, so bewahrheitet sich das alte Sprichwort: Totgesagte leben länger.
Auch heute stehen wieder viele Analysten an der Seitenlinie und prognostizieren den August als den Monat, wo traditionell die Börsen nachgeben, und somit heuer der nun längst erwartete Einbruch kommen sollte. Auch nun stehen die Vorzeichen darauf gut, doch auch jetzt ist nichts fix. Obwohl der Zinssatz weiterhin niedrig bleiben sollte, die Gefahr besteht, dass auch die USA Anleihen mit Negativzins begeben wird, ist noch nicht sicher, dass sich das Sentiment der Investorenlandschaft in den USA so schnell ändert. Denn nach wie vor sind Aktien die derzeit einzige vernünftige Anlage, so meint man zumindest allgemein. Und wenn man sich die Entwicklung der Anteile mit Negativzinsen weltweit ansieht, so könnte man dem wohl Glauben schenken.
Quelle: Bank of America und Merrill Lynch, M&W Investmentfonds
Dass die USA in ihrer nach wie vor misslichen Wirtschaftslage ebenfalls zu Negativzinsen greifen wird müssen, ist mittlerweile auch bei den amerikanischen Analysten angekommen. Auch wenn diese noch weitgehend den offiziell veröffentlichten Statistiken Glauben schenken, die bezeugen, dass sich der Arbeitsmarkt positiv entwickelt und die Wirtschaft zwar langsam, sich aber sicher dennoch am Weg der Besserung befindet. Nun, die Arbeitsmarktberichte sind ebenso als wahr anzuerkennen wie die Goldbestände in Fort Knox. Aber lassen wir die USA mit ihrem derzeitigen Gesamteindruck so stehen und werfen einen Blick auf Europa, das derzeit auch nicht frei von Problemen ist, und noch viele weitere erwarten darf. Flüchtlinge, Bankenschieflagen, Draghi's Geldschwemmenpolitik und anstehende Krisenherde in Italien, Griechenland, Spanien und der BREXIT bieten noch jede Menge Zündstoff. Immerhin rentieren auch in Europa bereits Anleihen im Volumen von € 465 Mrd. negativ. Betrachten wir an dieser Stelle einmal die expandierende Geldschwemme weltweit, durch die die Politik nach wie vor im Glauben ist, dass sie imstande wäre alle Probleme zu lösen.
Quelle: Deutsche Bank
Die Lockerung der bislang stets erfolglosen Geldpolitik ist auch weiterhin gegeben und wird sich höchstwahrscheinlich noch dynamisch fortsetzen. Gerade eben, am 4. August 2016, wird von Seiten der Bank of England (BoE) bekannt gegeben, dass man zur Unterstützung der Wirtschaft nicht nur den Leitzinssatz von 0,5% auf 0,25% senken wird, sondern auch Papiere im Wert von 10 Mrd. Pfund in den nächsten 18 Monaten erwerben wird. Da sich die Wirtschaftsaussichten in England eintrüben, so stehe ich zu meiner Meinung, dass dieses Ankaufsprogramm erst das erste von weiteren sein wird. Somit kommt England erneut in die oben noch nicht enthaltene Statistik der Geldmengenausweitung. Was in Europa passiert, wenn Italiens Banken nach europäischer Hilfe rufen, kann in Anbetracht der gewaltigen Menge an faulen Krediten nur mit einem Spruch zusammengefasst werden: scheitert Italien, scheitert Europa. So ketzerisch das vielleicht klingen mag, die landesinterne Lösung in Italien scheint nicht umsetzbar, und ein europäischer Rettungsschirm wäre hilflos überlastet. Dabei sind in diesem Bild die spanischen, französischen, griechischen und noch aufkommenden Probleme anderer Mitglieder nicht erfasst. Wer Draghis Wahnvorstellung kennt, alles zu kaufen, was möglich ist um damit die Probleme zu lösen, darf sich nicht wundern wenn wir erneut eine irre Steigerung von Aufkäufen sehen werden, sollten die Probleme in Italien oder anderswo schlagend werden. Die Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Stabilität des Euros wären verheerend.
Und wie wirkt das im Falle des Falles auf die Edelmetalle?
Man muss bei vernünftiger Überlegung davon ausgehen, dass die Politik nicht imstande sein wird alle Probleme durch ihre lockere Geldpolitik alleine zu lösen. Auch von begleitenden politischen Maßnahmen sieht man weder in den USA noch in Europa Anzeichen einer Verbesserung. Das ohnehin bereits angeschlagene Vertrauen in die Politik und Währungshüter in Brüssel kann sehr rasch in ein völlig anderes Investverhalten schwenken. In den USA noch mehr als in Europa, denn die amerikanischen Börsen sind stärker überhitzt als der doch noch gesündere deutsche Aktienmarkt als Leitmarkt. Und wohin sollten sich Anleger wenden wenn der S&P500, der Dow zu einer Talfahrt ansetzen? In negativ rentierende Anleihen sicher nicht. Hier bleiben die seit ewigen Zeiten bestehenden Edelmetalle als Absicherung alleine über.
Viele Analysten sehen heute bereits für das Jahresende 2016 weit höhere Notierungen für Gold und Silber als es die noch konservativen Großbanken veröffentlichen. Ich gehe hier nicht auf die einzelnen Bewertungen ein, da diese alle spekulativ sind und sich natürlich erst dann entwickeln können, wenn sich das Sentiment der Bevölkerungen in den USA und Europa, politisch und wirtschaftlich bedingt, verstärkt in Richtung Edelmetalle ändert.
Wenn wir zusammenfassend sehen welche enormen Blasen, ungelöste wirtschaftliche und innenpolitische Probleme sich auftun oder bereits bestehen, so kann mit Recht bestätigt werden, dass es die wirtschaftspolitische und geldpolitische Entwicklung ist, die unmittelbare Auswirkungen auf die Edelmetalle hat. Und mit Zunahme der Probleme, der Geldschwemmen und Verunsicherungen der Bevölkerungen darf man erwarten, dass mehr und mehr auf den Zug der Edelmetalle als Rettungsanker aufspringen werden. Der seit Jahresanfang eingeleitete Trend bei den Edelmetallen spiegelt dies bereits wieder, ist aber nur ein bislang laues Lüftchen. Dass es, aus welchen Quellen auch immer herrührend, stürmisch werden kann, daran sollte man in Anbetracht der vielen internationalen Probleme glauben. Das auch etwas in Bedrängnis gekommene China wir die Welt dann nicht alleine retten können. Anonymer Edelmetallbesitz scheint daher aus heutiger Sicht der einzig verbleibende Werterhalt zu sein. Blauäugig zu verharren in der Annahme dass man all die Turbulenzen schadlos überstehen wird ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Trugschluss, dem man als verantwortungsvoller Investor nicht aufsitzen sollte.