Lithium: Hatte Goldman Sachs recht?

Lithium: Hatte Goldman Sachs recht? bigstockphoto

Vor rund drei Monaten schockte die US Investmentbank Goldman Sachs Lithiumanleger mit einer Studie. Demnach sollte der Lithiumpreis bis 2023 um fast 80 % sinken. Mit etwas Abstand zeigt sich, dass die Banker wohl weit daneben lagen.

Es war eine kleine Schockwelle. Goldman Sachs Analyst Nicholas Snowdon hatte für Lithium einen Preisrückgang auf rund 16.400 USD für 2023 vorausgesagt – ein Rückgang um fast 80 % zum damaligen Niveau. Kurzzeitig fielen viele Lithiumaktien deutlich, teils sogar zweistellig.

Schon damals erntete Goldman Sachs signifikanten Widerspruch aus der Branche. Insider verwiesen auf zu hoch angesetzte Ressourcenschätzungen und eine ungebrochen starke Nachfrage. Der Branchendienst Benchmark Mineral Intelligence hat nun mit drei Monaten Verzögerung erörtert, was den Lithiummarkt kurz- und langfristig bewegt und ob Goldman Sachs doch noch richtig liegen könnte.

Lithiumpreise in China steigen, anstatt zu fallen

Hätte Goldman Sachs recht gehabt, müssten die Lithiumpreise mittlerweile fallen. Zum Zeitpunkt der Studie kostete 1 t Lithiumcarbonat in Batteriequalität rund 70.300 USD. Für das Gesamtjahr 2022 erwartete Goldman Sachs einen durchschnittlichen Preis von lediglich 54.000 USD. Dafür hätten die Preise mittlerweile deutlich fallen müssen – was nicht geschehen ist.

Benchmark Minerals zufolge sind die Preise für Lithiumcarbonat in China seit Anfang Juni moderat gestiegen. Seit Jahresbeginn ist der Preis für Lithiumcarbonat sogar um 90 %, der Preis für Lithiumhydroxid um 127 % gestiegen.

Der Wettbewerb verschärft sich. Autohersteller buhlen um Direktverträge mit Lithiumherstellern – zuletzt etwa Volkswagen und Mercedes-Benz in Kanada. In den USA hat die Regierung mit dem Inflation Reduction Act ein Gesetz verabschiedet, was Autohersteller zu Erschließung von Rohstoffquellen in den USA und engen Partnerländern wie Kanada zwingt.

Laut der Lithium-Ionen-Batteriedatenbank von Benchmark Minerals wird die Nachfrage nach Lithium-Ionen-Batterien in diesem Jahr um 36 % auf 610 GWh steigen. Der Branchendienst prophezeit gleichzeitig einen Anstieg des Angebots um 33 %. Aus diesen Kräftverhältnissen ergeben sich keinesfalls Potenziale für deutliche Preissenkungen.

Vertragspreise laufen den Spotpreisen hinterher

Der Verkauf von batterieelektrisch betriebenen Fahrzeugen steigt weltweit deutlich, das Angebot wird durch die aktuelle Hitzewelle in China verknappt. So mussten viele Fabriken in Sichuan die Produktion aufgrund eines Strommangels zeitweise einstellen. Allein dadurch könnte laut dem Branchendienst rund ein Viertel der chinesischen Produktionskapazitäten für Lithium beeinträchtigt worden sein.

Tatsächlich wurde für Lithiumcarbonat in der Woche vom 17. bis 24. August mit 1,4 % das größte Wochenplus seit längerer Zeit konstatiert. Der durch Fastmarkets und die London Metal Exchange (LME) gemeldete Preis für 1 t Lithiumhydroxid liegt bei 76.000 USD und zeigt nicht die geringsten Zeichen von Schwäche.

Dieser Preis bezieht sich auf dem Spotmarkt, der nur für einen relativ geringen Teil des weltweit gekauften Lithiums relevant ist. Die Vertragspreise – etwa zwischen Lithiumproduzenten und Autoherstellern – werden derzeit auf breiter Front neu ausgehandelt.

Typischerweise hinken die Vertragspreise den Spotpreisen hinterher. Benchmark geht davon aus, dass sich dieser Prozess noch 6-12 Monate hinzieht. Selbst fallende Lithium Spotpreise würden somit nicht zu sinkenden Preisen auf dem Gesamtmarkt führen.

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Lithium bleibt langfristig knapp

Die kurzfristigen Lithium Prognosen von Goldman Sachs sind somit nicht eingetreten. Doch wie sieht es langfristig aus?

Die meisten Beobachter sind sich einig, dass es für einen längeren Zeitraum zu wenig Lithium gibt. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) etwa veröffentlichte Anfang Juli eine Studie, nach der eine Deckung des weltweiten Bedarfs 2030 auch dann nicht gelinge, wenn alle geplanten Projekte innerhalb des Zeitplans umgesetzt würden.

Benchmark Minerals geht davon aus, dass vor Ende 2023/Anfang 2024 nur sehr wenig zusätzliche Produktionskapazität an den Markt gelangt. Viele Projekte verzögerten sich deutlich. Goldman Sachs dagegen hatte dem Lithiummarkt aufgrund eines Überangebots aus China eine längere Überschussphase prognostiziert.

Andrew Miller, Chief Operating Officer bei Benchmark, sieht in den hohen Preisen zwar durchaus Anreize für mehr Investitionen. Diese stünden aber einer dynamisch wachsenden Nachfrage gegenüber. Das Angebotsdefizit wird sich laut dem Dienst ab 2030 voraussichtlich verschärfen, da die Nachfrage durch Elektroautos dann substantiell weiter steigt.