Gold schwach vor weiterem Zinsschritt der US-Notenbank
Der Goldpreis fiel in der vergangenen Handelswoche unter seine wichtige langjährige Unterstützung bei 1.680 US-Dollar, was Anschlussverkäufe nach sich zog. Die Sorge der Goldanleger vor einem weiteren Einbruch des Goldpreises ist nun groß. Bereits am Dienstag waren die Inflationszahlen in den USA mit 8,3 % zum Vorjahr höher ausgefallen als vom Markt erwartet wurde (8,1 %), worauf ein erster Preisrutsch um 30 US-Dollar auf 1.700 US-Dollar folgte. Die Kerninflationsrate, die im Vormonat noch bei 5,9 % lag, kam mit 6,3 % ebenfalls heißer rein als der Marktkonsens von 6,1 %. Aufgrund der persistent hohen Inflation erwarten aktuell 20 % der Marktteilnehmer eine Zinsanhebung um 100 Basispunkte, also einem vollen Prozentpunkt, zur nächsten Notenbanksitzung an diesem Mittwochabend. Nicht nur der Goldpreis, sondern auch die Aktien- und Anleihenmärkte beendeten mit der Aussicht auf einen starken Zinsschritt ihre Erholung und brachen weiter ein.
Die Angst des Marktes vor weiteren Zinsanhebungen ist gerechtfertigt, denn der Leitzins müsste längst viel höher liegen, nämlich 4 Prozentpunkte über der Teuerung, wie die Geschichte zeigt. Damit ist ein Zinsschritt von einem vollen Prozentpunkt mehr als gerechtfertigt, da der Leitzins mit -4,8 % real negativ ist und etwa 8,8 Prozentpunkte höher liegen müsste. Alles unter einem Leitzins von aktuell 12 % ist als lockere Geldpolitik zu sehen.
Die US-Notenbank läuft dem Markt, an dem der Zins für zehnjährige US-Staatsanleihen bereits bei 3,4 % und für 2-jährige bei 3,87 % liegt, jedoch nur hinterher. Je länger die Inflation auf diesem hohen Niveau verharrt, desto weiter werden die Zinsen in Richtung ihrem fairen Marktniveau ansteigen, das etwa 4 Prozentpunkte oberhalb der Inflationsrate liegt für kurzlaufende Staatsanleihen. Nach dem längsten, liquiditätsgetriebenen Konjunkturaufschwung der Geschichte mit historisch einmalig großen Fehlallokationen durch historisch niedrige Zinsen über eine Dekade hinweg, ist eine historisch tiefe Rezession unausweichlich und sicher wie das Amen in der Kirche. Es ist amüsant, wie Medien und Marktteilnehmer seit über einem Jahr rätseln, ob es eine Rezession oder eine sanfte Landung der Wirtschaft geben wird, obwohl es seit spätestens 2019 für jedermann offen sichtbar ist, dass der Zusammenbruch bevorsteht.
In Italien stiegen die Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen mittlerweile wieder auf über 4 % an, obwohl die EZB mit dem TPI-Programm eingreift und diese Zinsen drückt, um so eine neue Euro-Schuldenkrise zu verhindern. Die Zinsen in den USA werden ebenso weiter ansteigen, da nur der starke US-Dollar eine bisher noch höhere Teuerung verhindert hat. Mit einer Trendwende in der Geldpolitik der US-Notenbank und einer folgenden Schwäche des Dollars, wird die Teuerung in den USA zunehmen und lange auf diesem hohen Niveau verbleiben oder sogar zunehmen, wodurch die Zinsen immer weiter ansteigen werden.
Sobald die westlichen Volkswirtschaften ihren unausweichlichen Weg in die Rezession im kommenden Jahr gehen werden, geraten die Notenbanken unter Zugzwang und versuchen den weiteren schnellen Anstieg der Zinsen auszubremsen, was nur durch das neuerliche Drucken von Geld möglich sein wird. Dies wird die Inflation weiter anheizen, weshalb die hohe Teuerung noch sehr lange bleiben wird.
Die aktuelle Dollarstärke beruht damit auf der Fehleinschätzung des Marktes, die US-Notenbank wollte und könnte durch Zinsanhebungen die Inflation bekämpfen. Den steigenden Zinsen folgt unausweichlich eine tiefe Rezession und schon bald werden die Märkte erkennen, dass die Inflation bleiben wird, die Notenbanker geblufft haben und stattdessen wieder Geld drucken werden, um die Zinsen zu stabilisieren. Dann werden die Menschen das Vertrauen in die Geldpolitik verlieren und Gold schnell auf neue Allzeithochs ansteigen.
Untypisch und interessant ist die Divergenz von Gold zu Silber und Platin in den letzten Wochen. Während der Goldpreis in der letzten Woche um 2,5 % fiel, konnte der Silberpreis um 4,4 % auf 19,62 US-Dollar ansteigen und auch der Platinpreis verbuchte ein Plus von 3,7 % auf 903 US-Dollar. Beide Weißmetalle zeigen eine deutliche Stärke gegenüber dem Goldpreis, was sehr untypisch ist, da beide normalerweise mit und stärker als der Goldpreis fallen.
Stattdessen konnten sich beide Weißmetalle von ihren Tiefs entfernen und diese Niveaus verteidigen, während der Goldpreis eine wichtige langjährige Unterstützung durchbrach und abverkaufte. Hier zeigt sich, wie stark überverkauft beide Edelmetalle bereits sind. Vor einer Woche hielten die Produzenten am Terminmarkt für Silber und Platin eine Netto-Longposition, was zuvor erst einmal in der Geschichte geschah. Dies zeigt, dass alle Spekulanten bereits verkauft haben und niemand mehr da ist, um noch short zu gehen, selbst dann, wenn der Goldpreis einbricht. Diese Stärke von Silber und Platin zeigt, wie pessimistisch das Sentiment ist am Edelmetallmarkt.
Es gibt weiterhin Licht und Schatten am Edelmetallmarkt. Die Stimmung ist denkbar schlecht, wie die Daten der US-Terminmarktaufsicht zeigen, was jedoch zu einer Stärke bei Silber und Platin führte. In einem normalen Marktumfeld wäre das aktuell das perfekte Setup für Käufe. Aufgrund der bevorstehenden historisch starken Rezession bei gleichzeitigen Zinsanhebungen muss man dennoch so lange vorsichtig bleiben, bis die US-Notenbank aufgrund eines exogenen Faktors zurückrudern und mit neuer Liquidität die Märkte stützen muss. Erst dann kann man unbesorgt auf die Käuferseite wechseln. Bis dahin sollte man sich kurzfristig an wichtigen technischen Marken orientieren. Sollte die US-Notenbank am Mittwoch ihren Leitzins nur um 75 Basispunkte anheben, so könnte dies bereits zu einer Rückeroberung der wichtigen Marke bei 1.680 US-Dollar beim Goldpreis führen, worauf eine Rallye durch einen Short-Squeeze folgen könnte. Auf der anderen Seite besteht die Gefahr, dass es bei einem Zinsschritt von 100 Basispunkten zu einem nochmaligen Rücksetzer kommt. Die Augen des Marktes richten sich nun auf Mittwochabend und die US-Notenbank. Es wird spannend!