Wie 2007: Goldman Sachs sieht Goldilocks-Szenario für Rohstoffe
Ein "perfektes makroökonomisches Umfeld" in Kombination mit "kritisch niedrigen Lagerbeständen": Rohstoffe haben die besten Aussichten aller Assetklassen. Das meint Goldman Sachs und spricht von einem Goldilocks-Szenario für steigende Preise.
Jeff Currie, Leiter der Rohstoffforschung bei Goldman Sachs sieht für Rohstoffe in diesem Jahr enormes Potenzial. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet, geht Currie von einer sich erholenden Nachfrage in China aus. Gleichzeitig gebe es nicht genügend Investitionen für ein größeres Angebot. Das Gesamtjahr sei deshalb ein "Goldilocks Moment" für steigende Preise.
"Versorgungsmangel in jedem einzelnen Markt"
Man könne sich keine bullishere Mischung für Rohstoffe einfallen lassen, so Currie. Es gebe Versorgungsengpässe in jedem einzelnen Markt. Diese resultierten aus erschöpften Produktionskapazitäten und Lagerbeständen auf kritischem Betriebsniveau. Currie zog Parallelen zum Rohstoffboom 2007/2008.
Goldman Sachs hatte bereits Ende 2020 einen mehrjährigen Rohstoff Superzyklus prognostiziert und dieses Szenario mit jahrelangen Unterinvestitionen begründet. Deshalb könne das Angebot nicht mit der Nachfrage Schritt halten.
Ausgesprochen bullish ist Curie auch für Rohöl. Auch hier erinnerte er an die Situation im Zeitraum von Januar 2007 bis Juli 2008. "Die Fed nimmt den Fuß von der Bremse, China tritt aufs Gaspedal, Europa beginnt schnell zu wachsen". Damals waren die Ölpreise um 100 USD pro Barrel gestiegen.
Currie davon aus, dass im laufenden Jahr der Zinserhöhungszyklus (zumindest in den USA) sein Ende findet und gleichzeitig die Konjunktur wieder anzieht.
Steigt der Ölpreis auf 180 USD?
Sollte sich ein solcher Anstieg wiederholen, würde Öl rund 180 USD kosten.
Der Ölpreis hat sich in diesem Jahr bislang verhalten entwickelt. Für ein Barrel WTI US Öl werden aktuell mit 79,40 USD rund 1,8 % weniger bezahlt als zum Jahreswechsel. Das Tief bei rund 74,40 USD wurde allerdings bereits am 5. Januar markiert. Seitdem steigen die Notierungen wieder.
Der Rohstoff litt unter Konjunktursorgen in den USA und Europa und einer nur allmählich wieder öffnenden chinesischen Wirtschaft. Sollte das Wachstum in den USA, Europa und China gleichzeitig wieder anziehen, dürfte die Nachfrage nach Öl signifikant steigen.
Das Angebot auf dem Ölmarkt ist derweil durch die Förderkürzungen der OPEC+ und die Sanktionen gegen Russland beeinträchtigt.
Niedrige Lagerbestände werden zum Problem
Auch bei Metallen deuten sich Engpässe an. Bereits im vergangenen Sommer hatten sich Händler besorgt über die niedrigen Lagerbestände an der London Metal Exchange (LME) gezeigt. Geringe Lagerbestände bei Metallen können zu abrupten Preisschwankungen führen.
Wie wir damals berichtet hatten, beliefen sich die gesamten Bestände der Börse am 17. August auf 579.979 t. Dies entsprach einem Rückgang um 48 % seit dem Jahresanfang 2022 (1.380.100 t).
Wirklich entspannt hat sich die Lage nicht, wie ein Blick auf die Statistiken zu den Lagerbeständen zeigt:
- Lagerbestände 30. September 2022: 615.284 t
- Lagerbestände 31. Oktober 2022: 825.308 t
- Lagerbestände 30. November 2022: 714.309 t
- Lagerbestände 30. Dezember 2022: 654.145 t
Die Lagerbestände haben also keine neuen Tiefs erreicht, konnten sich jedoch auch nicht wieder nachhaltig stabilisieren.
Der Blick auf das Gesamtjahr 2022 sieht nicht besser aus. Wie unter anderem Bloomberg berechnet hat, gingen die Lagerbestände 2022 um insgesamt 66 % zurück. In das neue Jahr startete die LME mit den niedrigsten Beständen seit mindestens 25 Jahren (die Daten reichen jedoch nur bis 1997 zurück). Die Bestände an Aluminium gingen um 72 % zurück, bei Zink wurde sogar ein Rückgang von 90 % gemeldet.
Es deutet sich an, dass die Rohstoffmärkte auf eine global wieder anziehende Konjunktur im späteren Verlauf 2023 ausgesprochen preissensitiv reagieren könnten. Dies könnte zum Problem für die Notenbanken werden, die sich dann in einem Aufschwung möglicherweise sehr früh neuen Impulsen für höhere Inflation gegenübersähen.