Bergbau: Die Schlüsselbranche kappt ihre Investitionen
Die Bergbaubranche gilt als Schlüssel für die Dekarbonisierung der Wirtschaft und die Wiederherstellung tragfähiger Rohstoffpreise. Doch ausgerechnet diese Branche befindet sich in einem Investitionskürzungszyklus – der auch 2023 weitergeht.
Kevin Murphy, Analyst für Metalle und Bergbau von S&P Global Commodity Insights schätzt, dass die Investitionsausgaben von Bergbauunternehmen im Jahr 2023 um 11 % gegenüber dem Vorjahr zurückgehen. Noch stärker trifft es die Ausgaben für Exploration. Hier beträgt das Minus 10-20 %.
Produktionsrisiken und steigende Kosten als Hemmschuh
Viele im Bergbau gewonnene Rohstoffe werden dringend benötigt. Dies gilt für Kupfer, Lithium, Nickel oder Kobalt. Diese Rohstoffe werden zum Beispiel für Elektrofahrzeuge, Stromleitungen, Windräder und vieles mehr benötigt. Dass die Nachfrage in den kommenden Jahren und Jahrzehnten deutlich steigt, gilt als gewiss. Die Frage ist, woher das notwendige Angebot kommen kann.
Eigentlich müssten Bergbauunternehmen verstärkt in die Exploration und Entwicklung von Projekten investieren. Das ist jedoch nicht der Fall. 2015/2016 kam es zu einem deutlichen Preisverfall am Rohstoffmarkt. Seitdem haben viele Unternehmen die Ausgaben für Entwicklung und Exploration gekürzt.
Diese Ausgabenkürzungen wirken sich zwar kurzfristig positiv auf die Bilanz aus, langfristige begrenzt diese Vorgehensweise jedoch das Potenzial von Bergbauunternehmen zur Produktion. Schließlich startet jede erfolgreiche Mine als Explorationsprojekt.
Die Unternehmen sehen sich weiteren Problemen gegenüber. Dazu gehören teils drastisch steigende Preise für Energie, Sprengstoffe und Ausrüstung ebenso wie zunehmender politischer Gegenwind in wichtigen Abbauländern. Die politischen Risiken sind insbesondere in Lateinamerika gewachsen.
Barrick Gold CEO Mark Bristow und empfiehlt den antizyklischen Einstieg in neue Projekte: "Das erste, was die Bergbauindustrie tut, wenn sie unter Druck steht, ist, die Ausgaben einzustellen. Aber am Ende des Tages ist die beste Zeit, um das Geschäft auszubauen, in der Talsohle".
Stehen mehr Übernahmen und Fusionen an?
Einzelunternehmen können durch Übernahmen und Fusionen ihr Potenzial erweitern – das Potenzial des Gesamtmarkts wächst dadurch jedoch nicht.
Hinzu kommt: Der Blick richtet sich zunehmend nach Afrika, wo es große Ressourcen gibt und wo zunehmend Partnerschaften und Rahmenabkommen den Abbau und weitere Teile der Lieferkette absichern sollen.
Afrika gilt allerdings seit jeher als anspruchsvolles Ziel. Derzeit durchläuft die Branche ebenso wie die Gesamtwirtschaft eine Phase der Unsicherheit. Wie es mit Inflation, Zinsniveau und Wirtschaftswachstum weitergeht, ist längst nicht geklärt. In einem solchen Umfeld erscheinen vielen Unternehmen größere Investitionen auf unbekanntem Terrain besonders unattraktiv.
Bergbauinvestitionen: Afrika verliert an Marktanteil
So sehr sich (westliche) Politiker in Südafrika, der Demokratischen Republik Kongo, Namibia und Co. auch die Klinke in die Hand geben: Der afrikanische Anteil an den globalen Bergbauinvestitionen war im vergangenen Jahr so gering wie seit mindestens 1997 nicht mehr. Das geht aus Daten von S&P Global Commodity Insights hervor.
Vor allem kleinere Explorationsunternehmen und Minenentwickler kehren dem Kontinent den Rücken. Möglicherweise fürchten diese einen Mangel an politischer Rückendeckung, sollten sich bestimmte Risiken materialisieren.
Risiken, mit denen die großen Akteure der Branche offenbar besser umzugehen hoffen. Eigentlich sehen auch große Bergbauunternehmen Investitionen in Afrika traditionell kritisch. Durch die politischen Ambitionen zur Verringerung der Abhängigkeit von China haben sich einige jedoch zu einem weiteren Vorstoß entschlossen. Anglo American (WKN: A0MUKL, ISIN: GB00B1XZS820) etwa erwarb die Kupfer-Kobalt-Lizenzen des Junior-Explorationsunternehmens Arc Minerals in Sambia.
Für die Politik wird Afrika ohnehin zum erklärten Ziel. Das US-Außenministerium veröffentlichte kürzlich eine Absichtserklärung über den gemeinsamen Aufbau von EV-Batterien durch DR Kongo und Sambia.
Die EU kooperiert beim Aufbau einer Lieferkette für den Batteriesektor unter anderem mit Namibia. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe will gemeinsam mit 17 internationalen Organisationen mit dem Projekt AfricaMaVal eine Rohstoffpartnerschaft zwischen der EU und Afrika entwickeln.
Der Kontinent bietet enorme Rohstoffvorkommen. Kostas Bintas, Co-Leiter für Metalle beim globalen Rohstoffhändler Trafigura etwa sprach von "unerschlossenen hochwertigen Kupfervorkommen" mit denen das Kupferangebot "erheblich" gesteigert werden könne.