Kupfer: Langfristig knapp – und kurzfristig?
Die vorerst gescheiterte Übernahme von Anglo American durch BHP sollte den weltgrößten Kupferproduzenten formen: Rund 10 % des weltweiten Angebots hätte das neue Unternehmen kontrolliert.
Fastmarkets-Analyst Will Adams bringt es auf den Punkt: "Das Übernahmeangebot von BHP für Anglo hat von Anfang an ein Schlaglicht auf den bereits überhitzten Kupfermarkt geworfen". Der Nachfragetrend für Kupfer bleibe aufgrund der Energiewende "sehr optimistisch", was sich im jüngsten Preisanstieg widerspiegele. Tatsächlich stieg der Kupferpreis – trotz des jüngsten Rücksetzers – seit Mitte Februar von 8.100 USD/t auf aktuell 10.300 USD/t.
Alle sehen Kupferknappheit
Bergbaukonzerne, Analysten, Regierungen: Fast alle gehen davon aus, dass die Versorgung mit Kupfer knapp wird. Jeff Currie, ehemaliger Goldman Sachs und neuer Chief Strategy Officer von Energy Pathways beim Vermögensverwalter Carlyle etwa, hält Preise von bis zu 15.000 USD für möglich und führt neben der Dekarbonisierung auch KI-Rechenzentren und militärischen Bedarf als Nachfragequellen an.
Forscher der University of Michigan und der Cornell University haben berechnet, dass in den kommenden Dekaden pro Jahr bis zu sechs neue große Kupferminen in Betrieb genommen werden müssten, sollen Energiewendeszenarien inkl. Elektrifizierung des Fahrzeugbestands Realität werden.
Doch woher könnte das neue Angebot kommen? Shaun Usmar, CEO von Triple Flag Precious Metals, sieht keine Chance, das Angebot über Greenfield-Projekte zu erzeugen. Es dauere heute fast 20 Jahre, bis eine neue Lagerstätte in die Produktion gehe. Besser geeignet seien Brownfield-Projekte neben bestehenden Erzvorkommen und nahe ausgebauter Infrastruktur.
Hoher Goldpreis könnte Kupferangebot erhöhen
Usmar sieht allerdings einen anderen Treiber für das Kupferangebot: Den Goldpreis. "Nach unserer Analyse wird mehr als die Hälfte der künftigen Kupferproduktion aus polymetallischen Lagerstätten stammen. Ein hoher Goldpreis verbessert also die finanzielle Machbarkeit eines Kupfer-Gold-Bergbauprojekts."
Doch all dies sind langfristige Überlegungen. Was bewegt den Kupferpreis in den kommenden Wochen und Monaten? Wie so oft spielt China hier eine zentrale Rolle. Dort ist – bedingt durch die hohen Preise für Altmetall – das für Kupferhütten verfügbare Angebot an Altmetall deutlich gestiegen.
Liang Kaihui, Analyst bei Shanghai Metals Market (SMM), erläutert, dass Schrott aus weggeworfenen Töpfen, Rohren und Drähten nach dem Anstieg des Weltmarktpreises rasch auf den Markt gelangt sei. Daraus wird Blister, eine halbverarbeitete Version des Metalls, gemacht und an die Schmelzhütten geliefert.
Der Überfluss an Schrott wird am Abschlag gegenüber raffiniertem Kupfer deutlich, der laut SMM in der vergangenen Woche auf 637 USD pro Tonne stieg – den höchsten Stand seit mindestens acht Jahren.
Chinas Kupferhütten produzieren nahe Rekordniveaus
Die Hütten produzieren deshalb fast auf Rekordniveau, obwohl Kupferkonzentrat aus der Minenproduktion so knapp ist, dass die Schmelzgebühren mittlerweile negativ sind. Anders gesagt: Das fertige Kupfer kostet weniger als das Konzentrat. Die Hütten nehmen enge Margen im Kampf um Marktanteile in Kauf.
Gleichzeitig bleibt die chinesische Konjunktur schwach. Kurzfristig könnte diese Kombination den Kupferpreis durchaus im Zaum halten. Dies sieht auch Will Adams so. "Die aktuellen Fundamentaldaten für Kupfer sind nicht so optimistisch, wie der Preis vermuten lässt".
Die Lagerbestände an der Shanghai Futures Exchange seien stark gestiegen, die Spreads an der LME zeigten keine Engpässe und die niedrigen TCs hätten eher mit überschüssigen Schmelzkapazitäten als mit einer starken physischen Nachfrage nach raffiniertem Metall zu tun.