Kupfer: Ist Chinas Dominanz überwindbar?
Es ist eine ernüchternde Einschätzung für westliche Regierungen und ihre Versuche, die Abhängigkeit von China als Kupferlieferant zu reduzieren und gleichzeitig Dekarbonisierungsziele zu erreichen. China ist laut einem neuen Bericht von WoodMackenzie so dominant, dass es nicht vollständig ersetzt werden kann.
Kupfer: China dominiert Schmelz- und Raffineriekapazitäten
Dem Bericht zufolge wird häufig übersehen, dass neben neuen Minen auch Schmelz- und Raffineriekapazitäten erforderlich sind, um die chinesische Marktmacht zu brechen. Doch auch hier dominiert China.
Die Minenkapazität selbst ist dem Bericht zufolge nicht das einzige Problem. Chinas Inlandsproduktion mache nur 8 % der weltweiten Minenproduktion aus – und knapp 20 %, wenn chinesische Bergbauanlagen im Ausland berücksichtigt würden.
Dies liegt immer noch weit unter dem Bedarf des Landes. Der Anteil Chinas an der weltweiten Kupfernachfrage ist im letzten Vierteljahrhundert von weniger als 20 % auf über 50 % gestiegen.
Im Bereich der Minenproduktion ist die Volksrepublik engagierter als der Westen. "Fast die Hälfte der 55 Milliarden US-Dollar, die seit 2019 für die Versorgung mit neuen Kupferminen vorgesehen sind, hat das Land investiert, vor allem in Projekte im Ausland", konstatiert der Bericht.
75 % der zusätzlichen Schmelzkapazität seit 2000 entfallen auf China
Dennoch seien es "Chinas überwältigende Investitionen in die nachgelagerte Verarbeitung und Halbfertigproduktion, die die größte Herausforderung für die Versorgungssicherheit darstellen". Seit 2000 entfielen demnach 75 % des gesamten weltweiten Zuwachses der Schmelzkapazität auf China.
Seit 2019 hat die Volksrepublik zudem fast 11 Mt Kupfer- und Legierungskapazität aufgebaut, etwa 80 % der weltweiten Zuwächse. Etwa zwei Drittel dieser Anlagen stellen Walzdraht her, womit China in diesem Bereich über die Hälfte der weltweiten Fertigungskapazität verfügt.
Chinas Schmelzöfen gelten zudem als überaus wettbewerbsfähig. In den 2000er Jahren wurden veraltete Öfen wurden durch moderne Technologie ersetzt, darunter heimische Shuikoushan- (SKS-) und Seitenblasöfen sowie chinesische Versionen der europäischen Flash-Technologie.
Aufgrund der Größe und niedrigen Kosten der chinesischen Schmelzöfen musste sich der Rest der Branche auf Nischenbereiche wie die komplexe Konzentratbehandlung und die Sekundärmaterialverarbeitung konzentrieren.
Der Westen müsste 85 Mrd. USD investieren – und Widerstände überwinden
WoodMac rechnet in dem Bericht vor, was aus westlicher Sicht erforderlich wäre, um die Abhängigkeit von chinesischem Kupfer signifikant zu verringern. "In einem Szenario ohne China wären erheblich mehr Verarbeitungskapazitäten erforderlich". So dürfte die weltweite Kupfernachfrage außerhalb Chinas im kommenden Jahrzehnt um 8,6 Mio. t höher liegen.
"Dies entspricht 70 % der Schmelzkapazität und 55 % der Fertigungskapazität im Rest der Welt". Ausgehend davon wären "fast 85 Milliarden US-Dollar an neuen Schmelz- und Raffinationskapazitäten erforderlich, um das chinesische Angebot zu verdrängen".
In den letzten 20 Jahren habe sich die Kapazität außerhalb Chinas jedoch kaum verändert. Es sei deshalb fraglich, ob eine Verschiebung im notwendigen Ausmaß überhaupt möglich sei. Eine Welle neuer Primärkupferhütten in den USA und Europa erscheine unwahrscheinlich.
Auch staatliche Unterstützung sieht WoodMac nicht als alleinige Lösung an – und verweist auf den Widerstand gegen neue Schmelzhüttenprojekte aus ökologischen und sozialen Gründen vor allem in Europa.
Neue Kapazitäten entstehen in Indien und Indonesien
Neue Kapazitäten außerhalb Chinas entstehen deshalb vor allem in nicht-westlichen Ländern, darunter zwei Projekte in Indonesien und je eines in Indien und der DR Kongo (letzteres unter chinesischer Beteiligung).
Mit insgesamt 1,6 Millionen Tonnen werden dies die größten Kapazitätserweiterungen außerhalb Chinas seit Jahrzehnten sein. Gleichzeitig sind jedoch keine neuen Primärkapazitäten für Nordamerika oder Europa geplant.
Paradox: Während der Westen die Abhängigkeit von chinesischen Kapazitäten beklagt, besteht weltweit ein großer Kapazitätsüberschuss. "Die Erweiterung der Schmelzkapazitäten in China, gepaart mit den neuen Kapazitäten in Indien und Indonesien in diesem Jahr, führen zu enormen Überkapazitäten und einem hohen impliziten Defizit auf dem Markt für Kupferkonzentrate", konstatiert WoodMac.
Einen technologischen Ansatz sieht der Bericht im hydrometallurgischen Auslaugen von Erzen, das die Schmelzphase überflüssig macht. Eine Chance bestehe darin, diese bislang nur bei Oxiderzen eingesetzte Methode auf Sulfidlagerstätten auszuweiten.
"Die Ernsthaftigkeit des Reshoring-Mantras wird sich wohl eher früher als später beweisen müssen", heißt es abschließend in dem Bericht. Pragmatismus und Kompromisse seien gefragt. "Vielleicht ist die Lockerung der Schlinge um den Welthandel eines dieser Zugeständnisse".